Monday, May 6, 2024

Beste Sachbücher 2024: Welche Werke für den deutschen Sachbuchpreis nominiert sind

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Kennen Sie den? Im Herbst, zur wichtigsten Buchmesse der Welt, verkündet der Buchhandel mit Pomp den Roman des Jahres und im darauffolgenden Frühjahr merkt der Leser, dass er den Roman des Vorjahres leider immer noch nicht geschafft hat. Und weil es bald Richtung Sommerferien geht und Gegenwartsliteratur ganz generell mal gerne überschätzt wird, ertappt sich der Leser bei der Vorstellung, vielleicht doch lieber mit einem Klassiker zu verreisen – oder einem guten Sachbuch?

Im kalendarischen Sinne macht der Deutsche Sachbuchpreis also alles richtig. Am 11. Juni wird er in der Hamburger Elbphilharmonie verliehen. Jetzt wurden die acht Nominierten bekannt gegeben, alles würdige Kandidaten. Mit Kant und Nofretete tauchen zwei mit Deutschland verbandelte Big Names des internationalen Kulturerbes auf: beide Figuren haben in diesem Jahr Jubiläum (der Erfinder der Aufklärung wurde vor 300 Jahren in Königsberg geboren, die altägyptische Büste wird seit 100 Jahren in Berlin gezeigt).

Gedenkanlässe bringen nicht die schlechtesten Sachbücher hervor, weil sie oft gründlich und mit Vorlauf entstanden sind. Marcus Willascheks Kant-Monografie erschien bereits im Herbst 2023, und Sebastian Conrads Monografie über der Weltkarriere der Nofretete toppt Stefanie Gerholds Nofretete-Roman auf alle Fälle.

Das – gerade im Jahr mit den drei ostdeutschen Landtagswahlen – interessanteste Sachbuch ist zweifellos Christina Morinas Studie zum unterschiedlichen Demokratieverständnis in West- und Ostdeutschland – mit Folgen für Erwartungshaltungen gegenüber Politik bis heute, denn die DDR hat sich propagandistisch als Demokratie inszeniert. Das Buch mit dem Titel „Tausend Aufbrüche“ (Siedler) wurde in der WELT von Wolf Lepenies besprochen.

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Demokratie in Deutschland

Politische Relevanz kommt auch zwei weiteren Sachbüchern in der Liste zu: Zum einen sind Frauke Rostalskis kluge Überlegungen zur vulnerablen Gesellschaft („Die neue Verletzlichkeit als Herausforderung für die Freiheit“, C.H. Beck) unter dem Eindruck der Corona-Maßnahmen entstanden, die in diesem Frühjahr von diversen Sachbüchern aufgearbeitet werden – erwähnt sei etwa Peter Strohschneiders „Autoritärer Szientismus“.

Zum anderen widmet sich die Schrift „Niemals Frieden?“ (Propyläen) von Moshe Zimmermann dem Nahost-Konflikt, der von Generation zu Generation weitergetragen wird, ohne dass eine Zweistaatenlösung überhaupt noch in Sicht wäre, für die der Professor emeritus für moderne Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem plädiert.

Als Interventionssachbuch zur Zeitgeschichte darf man die Einlassungen der Journalistin (und studierten Historikerin) Ruth Hoffmann zum Stauffenberg-Attentat lesen: „Das deutsche Alibi. Wie der 20. Juli 1944 verklärt und politisch instrumentalisiert wird“. Dass so eine Schrift im Goldmann-Verlag erscheint (und nicht bei C.H. Beck oder Siedler) zeigt, dass hier keine institutionelle Ordinarien-Geschichtswissenschaft vermittelt, sondern von außen gespiegelt wird.

Das ideale Medium für unterbelichtete Themen

Sachbücher sind last but not least auch das ideale Medium für verdrängte Themen, die sonst kaum stattfinden. In Zivilisationsgeschichten wie Roman Kösters „Müll. Eine schmutzige Geschichte der Menschheit“ (C.H. Beck) zeigt jedes gute Sachbuch, was es nicht ist – eine Fernsehreportage, die einen mit ihren schieren Bildern so plump überwältigt, dass zum Denken schon gar kein Platz mehr ist.

Überhaupt findet sich in dieser Nominiertenliste fast kein aktivistischer Lesestoff, zu dem Jurys, die Zeitgeistigkeit ausstellen wollen, ja durchaus neigen können. Nur Jens Beckert („Verkaufte Zukunft. Warum der Kampf gegen den Klimawandel zu scheitern droht“) bedient ein interventionistisches Gesellschaftsthema, ist aber gleichwohl eher analyse- als aktivismusfundiert. Zwei Werke der Auswahl, nämlich die von Becker und Morina, waren bereits für den Preis der Leipziger Buchmesse (Sparte Sachbuch) nominiert. Dass sie hier wieder auftauchen, spricht für ihre Qualität.

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Den Deutschen Sachbuchpreis gibt es übrigens erst seit drei Jahren, die bislang ausgezeichneten Werke waren alles solide, klassische Sachbücher. 2021 – eine gut lesbare Hegel-Biografie von „FAZ“-Herausgeber Jürgen Kaube; 2022 – Stephan Malinowskis Studie über „Die Hohenzollern und die Nazis“ und 2023 der Höhepunkt überhaupt – Ewald Fries familiäre Geschichte über den stillen Abschied vom bäuerlichen Leben: „Ein Hof und elf Geschwister“. Das Buch steht seit mittlerweile 61 Wochen in den Top 20 der „Spiegel“-Bestsellerliste und hat nicht nur den Nerv einer großen Leserschaft getroffen – zumal in Zeiten von Bauernprotesten und zunehmender Entfremdung vom Landleben. Sondern es beweist auch, dass die Relevanz, die der Deutsche Sachbuchpreis stiftet, Verkaufserfolge verbreitern und verlängern kann.

Auch die Idee, den Sachbuchpreis an Orten mit Wumms und Glamour (in der Hamburger Elbphilharmonie) zu verleihen, trägt dazu bei, Sachbücher, die eine Leitwährung zur Verarbeitung intellektueller, gesellschaftlicher und politischer Themen bleiben, im öffentlichen Bewusstsein zu pushen. Denn vertiefende Informationen sind etwas, das gerade immer kurzatmigere Mediengesellschaften brauchen. Das Gedächtnis im Medienzirkus reicht oft keinen Monat weit, und oft werden die immer gleichen Säue durchs Dorf gejagt. Bücher bieten Orientierung und tragen zur Erholung vom Immergleichen bei. Jede Nominierung bringt den Autoren 2500 Euro ein, wer die Auszeichnung gewinnt, erhält 25.000 Euro. Es kann sich also lohnen, ein Sachbuch zu schreiben. Zu lesen sowieso.

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