Nach dem sensationellen Gewinn der Silbermedaille bei der letzten Eishockey-WM 2023 in Finnland geht die deutsche Nationalmannschaft bei den diesjährigen Titelkämpfen, die am Freitag in Tschechien starten, hoffnungsvoll ins Turnier, wie Bundestrainer Harold Kreis (65) im Interview berichtet.
Frage: Herr Kreis, kann jetzt aus Silber Gold werden?
Harold Kreis: Die Erwartungen sind hoch, das habe ich schon gehört. Aber es ist kein Selbstläufer, sondern ein Prozess, jeden Tag Leistung zu bringen. Wunschdenken Gold – das wird es von uns nicht geben. Dass die Fans aber den Wunsch und diese Erwartung haben, das kann ich absolut nachvollziehen.
Frage: Was hat sich für Sie seit der letzten WM verändert?
Kreis: Ich hatte im Vergleich zum Vorjahr mehr Zeit, Spiele und Spieler zu beobachten. Die Motivation bei Spielern und Trainern ist nach wie vor sehr hoch.
Frage: Verspüren Sie einen größeren Druck als vor der letzten WM?
Kreis: Nein. Alle machen professionell ihren Job. Wir sprechen nicht über Druck, sondern über Lösungen. Der Erfolg kommt nur über harte Arbeit und auch mit etwas Fortune.
Frage: Was war anders beim Zusammenstellen der Mannschaft in diesem Jahr?
Kreis: Ich hatte eine größere Auswahl an Spielern zur Verfügung. Das ist positiv. So stößt noch Verteidiger Maksy Szuber aus Nordamerika zum Team. Moritz Seider musste hingegen leider absagen. Unser Anspruch ist immer: Wir wollen keine Luftschlösser bauen, sondern durch harte Arbeit Erfolg haben. Wer kann welche Rolle im Team spielen? Danach habe ich geschaut. Wer ist offensiv stabil, wer kann Powerplay spielen, wer ist in der Defensive und in Unterzahl top?
Frage: Warum ist der Erfolg aus dem Vorjahr wiederholbar?
Kreis: Das Team hat Selbstvertrauen und glaubt an sich.
Frage: Worin unterscheidet sich das diesjährige Team von den Silber-Boys?
Kreis: Ich habe mehr Optionen. Im Team stecken größere spielerische und offensive Momente.
Frage: Die Vorrundenspiele trägt Deutschland in Ostrava aus. Kommt Ihnen die kleinere Stadt im Vergleich zu Prag gelegen, weil es keine Ablenkung gibt?
Kreis: Das war kein Thema. Wir sperren die Spieler nicht ein wie in einer Kaserne. Sie sollen an freien Tagen und bei schönem Wetter ruhig in die Stadt gehen.
Frage: Kommt Ihnen die starke Gruppe mit Schweden, den USA und der Slowakei zu Beginn gelegen?
Kreis: Ja, ich persönlich habe die dicken Brocken lieber am Anfang. Auch aus folgendem Grund: Manche Teams warten noch auf Spieler aus der NHL, sind noch nicht komplett.
Frage: Welches WM-Ziel wurde ausgegeben?
Kreis: Wir wollen unsere Team-Identität mit Kampf und Leidenschaft aufs Eis bringen und damit das Viertelfinale erreichen. Danach sehen wir Spiel für Spiel weiter.
Frage: Welchen Platz hat eigentlich Ihre Silbermedaille zu Hause gefunden?
Kreis: Sie hängt für mich immer sichtbar in der Küche meines Hauses.
Das Interview wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) geführt und zuerst in BILD AM SONNTAG veröffentlicht.