Wednesday, May 15, 2024

Claudia Roth und die Gedenkstätten-Konzeption: CDU fordert Neustart

- Advertisement -
- Advertisement -

Angekündigt hatte Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) eine Diskussion „mit wichtigen zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren“ – das war am 25. Februar 2024. Zwei Monate später steht noch nicht einmal der „Kreis der Teilnehmenden“ für einen „Runden Tisch“ über die „Neukonzeption der Gedenkstättenkonzeption des Bundes und zu weiteren Fragen der Erinnerungskultur“ fest. Das geht aus den dürftigen rund hundert Wörtern hervor, mit denen die in der Ampel-Regierung für Kulturpolitik zuständige Roth drei präzise Fragen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „beantwortet“ hat.

Der Entwurf für die „Neukonzeption“ der nationalen Gedenkstätten, der durch einen WELT-Artikel bekannt geworden ist, zielt auf eine Wende in der deutschen Erinnerungskultur. Zwar wird pflichtgemäß die Bedeutung der Verbrechen des NS- und des SED-Regimes für das Gedenken betont. Hinzutreten soll jedoch die „Erinnerung an das deutsche Kolonial-Unrechtssystem und dessen Aufarbeitung“. Beides bilde eine „notwendige neue erinnerungskulturelle Aufgabe“.

Lesen Sie auch
Staatsministerin Claudia Roth (Grüne) im ehemaligen KZ Buchenwald

Claudia Roth

Allerdings ist erstens die Rolle Deutschlands im Gesamtzusammenhang des europäischen Kolonialismus zwar nicht marginal, aber doch eher klein. Auf jeden Fall liegt die Relevanz des Kolonialismus für die deutsche Erinnerungskultur weit unter der Zäsur des Nationalsozialismus und der 44-jährigen Diktatur in einem knappen Drittel Deutschlands.

Zweitens sind Vertreter der „postcolonial studies“ bisher vor allem durch eine mehr oder minder offene Relativierung des Holocaust sowie aktuell durch aktivistischen Antisemitismus aufgefallen. Ohnehin beruht ihre Weltsicht auf einem ziemlich schlichten, durch Floskeln kaschierten Zerrbild der vom 16. bis 20. Jahrhundert kolonialisierten Regionen. Demnach sei in Afrika und anderen Teilen des „Globalen Südens“ vor Ankunft der Europäer alles in Ordnung gewesen. Das ist eine Vorstellung von „edlen Wilden“, die mit der historischen Realität nichts gemein hat.

Das hätten Claudia Roth und ihre Mitarbeiter auch erfahren können, wenn sie vor dem Verfassen des Entwurfes mit Fachleuten der Erinnerungspolitik ins Gespräch gekommen wären. Doch ob es solchen Austausch überhaupt gegeben hat, ist zumindest fraglich. Denn die Kulturstaatsministerin weigert sich in der Antwort auf die Frage der CDU/CSU-Fraktion, die Namen jener „Persönlichkeiten aus den Bereichen Wissenschaft und Erinnerungskultur“ zu nennen, auf deren „Expertise“ sie „bei der Erstellung des Entwurfs“ zurückgegriffen haben will: „Diesen Persönlichkeiten wurde im Rahmen der Gespräche Vertraulichkeit zugesichert.“

Alle Institutionen kritisieren Claudia Roth

Dabei wäre sehr spannend, mit wem die beim Bundeskanzleramt angedockte Abteilung für Kultur und Medien, gewöhnlich bekannt als „BKM“, überhaupt geredet hat. Denn sämtliche mit dem Thema Erinnerungspolitik befasste Verbände haben das 43 Seiten lange Papier scharf verurteilt. Ihre „Stellungnahme zum Entwurf des Rahmenkonzepts Erinnerungskultur“ vom 3. April, die WELT vorliegt, ist eine kaum kaschierte Ohrfeige für Roth. Die Unterzeichner, darunter die Arbeitsgemeinschaften der KZ-Gedenkstätten in Deutschland und der Gedenkstätten zur Diktatur in SBZ und DDR, der Verband der Gedenkstätten in Deutschland und andere, repräsentieren gemeinsam praktisch alle, weit mehr als 350 vergangenheitspolitischen Institutionen der Bundesrepublik.

Und sie lehnen das Konzept rundheraus ab. Dessen „Mängel“ seien „so gravierend“, dass der „vorliegende Entwurf nicht weiterverfolgt werden sollte“. Es fehlten „klare Leitlinien“, es gäbe „Mängel im Aufbau, Unbestimmtheiten in der Zielsetzung, ja sogar einen gewissen Charakter des bloß Appellativen“. Die „im Entwurf skizzierten Themen“ wirkten „beliebig“. Da viele dieser Einrichtungen direkt oder indirekt von der Förderung durch Roths Abteilung abhängig sind, ist solche Klarheit bemerkenswert.

„Die Erarbeitung des Rahmenkonzepts erfolgte ganz offensichtlich ohne übliche Gesprächsformate und fachliche Expertise“, stellt Christiane Schenderlein, in der CDU/CSU-Fraktion Sprecherin für die Themen Kultur und Medien, gegenüber WELT fest: „Der von Claudia Roth geplante Systembruch in der Erinnerungskultur hat keinen breit getragenen Konsens.“

Entweder wurden die Vertreter der einschlägigen Institutionen gar nicht in die Überlegungen zu einem überarbeiteten Gedenkstättenkonzept einbezogen. Oder man hat zwar Gespräche geführt, jedoch unter Vorspiegelung falscher Tatsachen. Darauf lässt ein weiterer Satz im Schreiben von Claudia Roth an Christiane Schenderlein schließen: „Auch fanden die Gespräche nicht immer dezidiert unter der Thematik ,Rahmenkonzept Erinnerungskultur‘ statt.“

An dieser Stelle finden Sie Inhalte von Drittanbietern
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.

Zwei Leiter von wichtigen, überwiegend vom Bund bezahlten geschichtspolitischen Institutionen bestätigten das WELT unabhängig voneinander. Beide wurden am Rande regulärer Gespräche wie Stiftungsratssitzungen oder ähnlichem von BKM-Vertretern zu Themen befragt, die dann in den auf den 1. Februar 2024 datierten Entwurf eingeflossen sind.

Schenderlein, die selbst promovierte Politikwissenschaftlerin ist und seit 2021 für Sachsen im Bundestag sitzt, wundert sich: „In der Antwort wird quasi auf ,Pseudo-Gespräche‘ verwiesen, bewusst ohne dezidierten Bezug zum Rahmenkonzept. Das offenbart entweder eine ungeahnte Überheblichkeit oder einen ideologisch motivierten Alleingang von oben.“ Der „Aufschrei in der Erinnerungskulturszene“ sei daher nicht „nicht verwunderlich, dafür beispiellos“, sagt Schenderlein: „Es braucht einen Neustart im gewohnten Verfahren und unter Einbindung aller betroffenen Einrichtungen und auch des Deutschen Bundestages.“

Weiterlesen…….

- Advertisement -
Latest news

Israel veröffentlicht Video von Hamas-Terroristen in UN-Komplex in Rafah

Die Verbindungen zwischen der Hamas und dem UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA sind offenbar noch größer als bisher bekannt: Israels Streitkräfte haben am Dienstag auf X ein...
- Advertisement -

Urteil gegen Björn Höcke: „Sie sind ein intelligenter Mann“, sagt der Richter

Das Landgericht Halle hat den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke wegen des Verwendens einer nationalsozialistischen Losung zu einer Geldstrafe verurteilt. Höcke inszeniert sich vor...

Sahra Wagenknecht bei WELT TV: „Verbotsdebatten helfen der AfD. Das ist an Dummheit nicht zu überbieten“ – Video

Die WELT als ePaper: Die vollständige Ausgabe steht Ihnen bereits am Vorabend zur Verfügung – so sind Sie immer hochaktuell informiert. Weitere Informationen:...

AfD-Politiker: Höcke zu Geldstrafe verurteilt – „Ja, er kann dagegen vorgehen“ – Video

Das Landgericht Halle hat Björn Höcke zu einer Geldstrafe verurteilt. Er soll 100 Tagessätze je 130 Euro zahlen. Höcke hatte die Vorwürfe zurückgewiesen,...
Related news

Israel veröffentlicht Video von Hamas-Terroristen in UN-Komplex in Rafah

Die Verbindungen zwischen der Hamas und dem UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA sind offenbar noch größer als bisher bekannt: Israels Streitkräfte haben am Dienstag auf X ein...

Urteil gegen Björn Höcke: „Sie sind ein intelligenter Mann“, sagt der Richter

Das Landgericht Halle hat den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke wegen des Verwendens einer nationalsozialistischen Losung zu einer Geldstrafe verurteilt. Höcke inszeniert sich vor...

Sahra Wagenknecht bei WELT TV: „Verbotsdebatten helfen der AfD. Das ist an Dummheit nicht zu überbieten“ – Video

Die WELT als ePaper: Die vollständige Ausgabe steht Ihnen bereits am Vorabend zur Verfügung – so sind Sie immer hochaktuell informiert. Weitere Informationen:...

AfD-Politiker: Höcke zu Geldstrafe verurteilt – „Ja, er kann dagegen vorgehen“ – Video

Das Landgericht Halle hat Björn Höcke zu einer Geldstrafe verurteilt. Er soll 100 Tagessätze je 130 Euro zahlen. Höcke hatte die Vorwürfe zurückgewiesen,...
- Advertisement -