Bei einer beispiellosen Razzia im Dezember 2022 sind die Ermittler gegen mutmaßliche „Reichsbürger“ vorgegangen. 27 Verdächtige wurden daraufhin angeklagt. Am 29. April beginnt nun der erste Prozess in Stuttgart. Im Zentrum der Ermittlungen steht Heinrich XIII. Prinz Reuß. Er wird verdächtigt, der Kopf der Gruppe gewesen zu sein.
Die mutmaßliche terroristische Vereinigung soll einen gewalttätigen Putsch gegen die Regierung vorbereitet haben. Laut Bundesanwaltschaft planten die Beschuldigten, mit einer bewaffneten Gruppe in das Reichstagsgebäude in Berlin einzudringen, um dort Politiker festzunehmen und so den Systemumsturz herbeizuführen. Dabei sollen sie bewusst Tote in Kauf genommen haben.
Ex-Elitesoldat wollte Politiker in Handschellen abführen
Acht Verdächtige stehen ab übernächster Woche vor Gericht. WELT liegt die Anklageschrift gegen die mutmaßlichen Terroristen vor. Bei Ex-Elitesoldat Peter Wörner soll eine handschriftliche Liste mit Politikern und Menschen aus dem öffentlichen Leben gefunden worden sein, die ins Visier der Gruppe genommen werden sollten.
Neben Olaf Scholz, Friedrich Merz und Annalena Baerbock standen auch die Fernsehmoderatoren Markus Lanz und Sandra Maischberger auf der Liste. Der genaue Zweck des Dokuments geht aus der Anklage nicht hervor.
Es liegt nahe, dass die Reichsbürger planten, unliebsame Personen festnehmen zu lassen. So soll Wörner im März 2022 Mitstreiter für das Ziel gesucht haben, Politiker nach dem Sturm des Reichstages in Handschellen abzuführen. 30 Männer hatte er dafür angefragt.
Den Mitgliedern wird die Bildung einer terroristischen Vereinigung zur Last gelegt. Die Gruppe hatte nach Angaben der Ankläger Zugriff auf ein massives Waffenarsenal mit rund 380 Schusswaffen, 350 Hieb- und Stichwaffen, fast 500 weiteren Waffen und 148.000 Munitionsteile. Zudem wurden bei Durchsuchungen mehr als 400.000 Euro in bar sowie Gold- und Silbermünzen gefunden.
Zu den Verdächtigen gehört auch die Berliner Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann.
Nach dem Umsturz sollte nach Plänen der Gruppe die staatliche Ordnung durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform ersetzt werden. Als Staatsoberhaupt hätte Heinrich XIII. Prinz Reuß fungieren sollen. Auch Ressorts einer möglichen Regierung seien schon verteilt gewesen. Zentrales Gremium der Gruppe war Ermittlern zufolge ein „Rat“. Eine Übergangsregierung hätte mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkriegs eine neue staatliche Ordnung in Deutschland verhandeln sollen.
„Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ zweifeln die Legitimität der Bundesrepublik an. Sie behaupten, dass das Deutsche Reich (1871-1945) weiter existiert, daher ihr Name. Die Bundesrepublik und ihre Gesetze erkennen sie nicht an.