Julian Nagelsmann holt für die letzten Länderspiele des Jahres zwei weitere unerwartete Debütanten in den Kreis der Fußball-Nationalmannschaft. Der Bundestrainer nominierte für seine Heimpremiere gegen die Türkei am 18. November in Berlin und das Duell gegen Österreich in Wien drei Tage später Angreifer Marvin Ducksch von Werder Bremen und Torwart Janis Blaswich von RB Leipzig erstmals in sein gleich 27 Spieler umfassendes Aufgebot.
„Er hatte keinen leichten Start mit Werder. Aber er hat jetzt wieder eine sehr gute Quote und hat durch seine Leistungen auch die Bremer wieder stabilisiert. Das ist immer ein gutes Zeichen“, sagte Nagelsmann über Ducksch: „Wenn du bei einem Topklub 20 Tore schießt, ist das weniger hoch zu bewerten, als wenn du bei einem nicht so top gerateten Klub viele Tore schießt oder Vorlagen gibst. Er schießt sehr gute Standards und hat einen guten Torabschluss.“
Für Ducksch kommt es bei der Nationalmannschaft zu einem Wiedersehen mit seinem ehemaligen Bremer Sturmpartner Niclas Füllkrug, der im Sommer zu Borussia Dortmund ging. „Er kennt Fülle sehr, sehr gut. Auch das ist sicherlich eine Komponente, die uns helfen kann“, sagte Nagelsmann. Er wollte „auf dem Weg zur EM einfach einen zweiten, dritten richtigen Stürmer dabeihaben. Und dafür haben wir drei, vier, fünf Kandidaten“. Ducksch bringe „auch einen guten Grad an Verrücktheit rein, den wir auch brauchen, gerade wenn Spieler von der Bank kommen“, erklärte der Bundestrainer. „Dann kann das sehr, sehr wertvoll sein.“
Blaswich als zweiter Debütant wird von Nagelsmann für seine zuletzt sehr guten Leistungen im Tor von RB Leipzig belohnt. „Janis ist ein Torwart, der ein guter Fußballer ist aber auch auf der Linie sehr stark ist und eine gute Ausstrahlung hat“, sagte Nagelsmann über den 32 Jahre alten Schlussmann. Der ehemalige RB-Trainer habe Blaswich „noch nie persönlich kennengelernt, sondern nur als Gegner, und da war er nach dem Spiel positiv verrückt, hat sich extrem aufgeregt, wenn sie nicht gewonnen haben. Das hat mir immer sehr imponiert, seine Art, wie er da hinten drinsteht“.
Leno, Raum und Behrens aussortiert
Wieder zum DFB-Kreis gehören zudem die zuletzt verletzten Serge Gnabry vom FC Bayern und Leipzigs Benjamin Henrichs sowie der Dortmunder Felix Nmecha. Verzichten muss Nagelsmann auf Bayern-Jungstar Jamal Musiala wegen dessen Muskelverletzung.
Durch das Musiala-Aus gibt es diesmal also auch kein Jungspund-Doppel mit Florian Wirtz in der offensiven Mittelfeldzentrale der Nationalmannschaft, das im Oktober gegen die USA (3:1) und Mexiko (2:2) noch überzeugte. Auch wenn Nagelsmann immer das „Hier und Jetzt“ betont, in dem er sich bewegen will – viele Testoptionen hat er vor der EM nicht mehr. Der Länderspiel-Doppelpack ist der vorletzte Termin vor der Nominierung des Turnierkaders im Mai. Davor folgen ansonsten nur noch die beiden Testpartien im März, für die der DFB nach der EM-Auslosung am 2. Dezember die Kontrahenten bekannt geben wird.
Im Vergleich zur Premiere des Bundestrainers im Oktober gegen die USA und Mexiko gehören diesmal Torwart Bernd Leno (FC Fulham), Defensivspieler David Raum (RB Leipzig) und Stürmer Kevin Behrens (Union Berlin) nicht mehr zum Aufgebot. Erneut nicht berücksichtigt wurden RB-Angreifer Timo Werner, Nico Schlotterbeck und dessen angeschlagener BVB-Kollege Emre Can. Die Oktober-Neulinge Chris Führich und Robert Andrich dürfen im Gegensatz zu Behrens im Kreis der EM-Kandidaten ein weiteres Mal vorspielen.
Nagelsmann plant nächstes Jahr mit Neuer
„Ich freue mich absolut auf diese beiden Spiele. Darauf, dass es emotional und laut wird. In Berlin werden auch viele türkische Fans im Stadion sein. Und gegen Österreich ist es ein Nachbarschaftsduell, ein Prestigeduell in einer wunderschönen Stadt und in einem sehr geschichtsträchtigen Stadion. Auch in Wien wird es sicher eine außergewöhnliche Stimmung und ein bedeutendes Spiel für uns. Es sind zwei Tests, die wir nutzen wollen und die unter dem Vorzeichen Emotionalität stehen“, sagte Nagelsmann bei der Bekanntgabe des Kaders am Freitag.
Er rechnet zudem mit einer Rückkehr von Manuel Neuer in die Nationalmannschaft im März. „Wir hoffen alle, dass er extrem konstant spielt bis zu nächsten Länderspielmaßnahme. Dann sind es schon wieder andere Vorzeichen“, sagte der Bundestrainer. Das sei „eine gemeinsame Entscheidung“ gewesen, er habe mit Neuer „sehr guten Kontakt“ gehabt in den vergangenen Monaten, sagte Nagelsmann über den Weltmeister-Torwart von 2014. „Er hat mich – auch von mir gewünscht – über jeden kleinen Entwicklungsschritt informiert. Selbst im Kraftraum, wenn er Fortschritte gemacht hat, wurde ich informiert.“
Neuer hatte nach dem WM-Aus in Katar Ende 2022 einen schweren Beinbruch erlitten und erst Ende Oktober sein Comeback im Tor des Rekordmeisters gefeiert. Dass Nagelsmann auf ihn noch verzichten werde, hatte der 37-Jährige angekündigt. „Wir haben ein sehr gutes Gespräch gehabt, wo er erklärt hat, wie er sich fühlt. Wo ich erklärt habe, was die Gedankengänge von mir sind“, sagte Nagelsmann und begründete den Verzicht mit einem erhöhten Verletzungsrisiko.
„Nach so einer schweren Verletzung ist es immer so, du kommst zurück (…), dann sind die ersten Spiele sehr, sehr gut“, sagte der Bundestrainer. Und dann komme ein „kleines Loch, wo eine gewisse Gefahr für muskuläre Verletzung besteht. Dieses Loch könnte jetzt passieren (…) Da sind wir sehr, sehr froh, dass er die Möglichkeit hat, die Pause zu bekommen. Und dann wird er genauso stabil weiterspielen. Der Eindruck war sehr, sehr gut.“