Saturday, April 27, 2024

Sebastian Vettel: „Fossile Energie ist viel zu günstig“

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Im November 2022 beendete Sebastian Vettel (35) seine Formel-1-Karriere nach 299 Grands Prix. Nach seinem letzten Rennen in Abu Dhabi zog er sich aus der Öffentlichkeit weitgehend zurück, verbringt viel Zeit mit seiner Familie und tritt nur für Herzensprojekte öffentlich auf. Wie dieses: Im Juli fährt der viermalige Weltmeister beim englischen Kult-Event Goodwood Festival of Speed (13.-16. Juli) mehrere historische Formel-1-Boliden, darunter den FW14B von Nigel Mansell aus dem Jahr 1992 – angetrieben mit CO2-neutralem Kraftstoff.

Schon in den vergangenen Jahren interessierte sich Vettel immer mehr für Umwelt-Themen. Vergangenes Jahr in Silverstone drehte er Runden mit dem umweltfreundlich betankten Retro-Renner – und kehrt jetzt als Formel-1-Rentner zurück ans Steuer.

Frage: Herr Vettel, Sie sind seit gut einem halben Formel-1-Rentner. Wie sieht aktuell der Alltag für Sie aus?

Sebastian Vettel: Nach so langer Zeit im Rennsport habe ich zum ersten Mal so etwas wie einen Alltag. Ich habe etwas Zeit gebraucht, mich daran zu gewöhnen. Vor allem genieße ich die Zeit mit meinen Kindern.

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Vettel: Wie schön unsere Welt und die Natur ist, wenn alles grünt. Das müssen wir bewahren. Grün ist ein Synonym für das Leben.

Frage: Was ist an Ihrem neuen Leben grüner als während Ihrer aktiven Zeit in der Formel 1?

Vettel: Ich reise viel weniger. Ich habe bereits die letzten Jahre meinen Fußabdruck beim Reisen extrem verkleinern können. Aber deutlich weniger zu reisen ist sicher viel grüner. (lacht)

Frage: Letztes Jahr haben Sie noch den grünen Rennanzug von Aston Martin getragen. Wie fühlt es sich an, ein Rennen von zu Hause anzuschauen?

Vettel: Anfangs war es komisch, nicht dabei zu sein. Aber ich komme gut damit zurecht und verfolge den Sport mit großem Interesse.

Frage: … und Ihr ehemaliges Auto regelmäßig auf Platz 3 zu sehen?

Vettel: Das freut mich sehr für mein ehemaliges Team. Sie haben auch die vergangenen Jahre schon hart gearbeitet. Schön, dass sie jetzt ein paar Pokale einfahren.

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Frage: Wann sehen wir Sie mal wieder im Fahrerlager?

Vettel: Das weiß ich noch nicht.

Frage: Was für Projekte und Events stehen dieses Jahr noch auf Ihrem Zettel?

Vettel: Ich lasse mich inspirieren, schaue mir vieles an, sammle Ideen. Schauen wir mal, was am Ende dann zu einem Projekt wird. In Goodwood meine alten Rennboliden mit eFuels zu fahren, ist schon mal eines.

Frage: Was begeistert Sie daran?

Vettel: Motorsport ist meine Leidenschaft. Es ist mir wichtig, zu zeigen, dass wir genauso gut und schnell mit synthetischem, also CO2-neutralem, Kraftstoff fahren können. Und das schon heute. Synthetische Kraftstoffe bieten eine Lösung, verantwortungsbewusst Spaß zu haben. Das wissen viele Leute nur noch nicht.

Frage: Fühlt es sich anders an, ein Rennauto mit fossilfreien Kraftstoffen zu fahren im Vergleich zum konventionellen Sprit?

Vettel: Nein, überhaupt nicht.

Frage: Sie arbeiten mit dem Berliner eFuel-Hersteller P1 zusammen. Worauf muss man bei diesen Kraftstoffen und ihren Anbietern achten, damit es auch wirklich grün ist und nicht nur grün klingt?

Vettel: Man sollte darauf achten, dass die Energie zur Herstellung ausschließlich aus erneuerbaren Energien kommt. Je transparenter der Anbieter, desto besser.

Frage: Sind fossilfreie Kraftstoffe Ihrer Meinung nach die Zukunft des Motorsports und der Mobilität allgemein?

Vettel: Ich denke, synthetische Kraftstoffe sind eine bereits jetzt befahrbare Brücke in die Zukunft. Wie genau die Zukunft aussieht, weiß man aber natürlich noch nicht. Wir sollten also offen bleiben. Viel spricht aktuell für Elektromobilität, weil synthetische Kraftstoffe aktuell zu viel Energie bei der Herstellung benötigen, die wir heute für andere Dinge brauchen, zum Beispiel für den allgemeinen Stromverbrauch oder fürs Heizen. Wenn wir aber unendlich Energie zur Verfügung haben, spielt der Wirkungsgrad bei der Herstellung dieser Kraftstoffe keine dominante Rolle mehr. Das eigentliche Problem ist, dass fossile Energie viel zu günstig ist. Aber die Kosten für die Zukunft wurden dabei nie eingerechnet.

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Frage: Muss die Formel 1 stärker vorangehen, um den Wandel anzutreiben?

Vettel: Es gibt bei dieser Frage kein ‚genug‘. Es kann immer mehr passieren.“

Frage: Sie sitzen in Goodwood wieder am Steuer von Renn-Autos. Hilft das gegen ‚Formel-1-Entzug‘?

Vettel: Nicht wirklich. Goodwood ist ja keine echte Rennstrecke. Trotzdem ist es schön, kurz hinter dem Steuer zu sitzen.

Frage: Fehlt Ihnen das Motorengebrumm, der Nervenkitzel vor dem Rennen, das Umfeld?

Vettel: Bis jetzt geht es mir sehr gut mit meiner Entscheidung. Am meisten vermisse ich aber den Wettkampf und die Anspannung.

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