Knapp zwölf Jahre ist es her, dass er mit Manuel Neuer zusammen beim FC Bayern anheuerte. Er, der Torwarttrainer – und Neuer, der Keeper, der damals am Anfang einer großen Torhüter-Karriere stand. Für Toni Tapalovic, der ihn auf diesem Weg stets begleitete, ist das Kapitel FC Bayern seit Montagabend Geschichte. Er wurde entlassen.
Gerechnet hatte er mit der Entscheidung der Münchner offenbar nicht. „Nach mehr als einem Jahrzehnt endet heute überraschend meine Zeit beim FC Bayern München“, schrieb der 42-Jährige auf Instagram. Der deutsche Rekordmeister hatte am Montagabend den Vertrauten von Neuer mit sofortiger Wirkung freigestellt. „Insbesondere Differenzen über die Art und Weise der Zusammenarbeit haben jetzt dazu geführt, dass wir getrennte Wege gehen“, sagte Sportvorstand Hasan Salihamidzic. Über einen Nachfolger machte der Klub keine Angaben.
Tapalovic war seit 2011 verantwortlicher Coach für die Torhüter beim Bundesliga-Spitzenreiter. Zu Neuers Zeit beim FC Schalke 04 war Tapalovic dort als Torwart aktiv und schon damals ein Mentor für Neuer, der im Dezember bei einer privaten Ski-Tour einen Beinbruch erlitten hatte und voraussichtlich nicht mal zum Beginn der neuen Saison wieder zur Verfügung stehen wird.
Neuer äußert sich umgehend
„Ich werde dich vermissen!“, schrieb der 36-Jährige in einer ersten Reaktion auf Instagram. Mit Tapalovic verlasse nicht nur ein absoluter Pionier des modernen Torwartspiels, sondern vor allem auch ein großartiger Mensch den Klub. „Nicht zuletzt hast du auch mich und mein Torwartspiel geprägt und auf ein neues Level gehoben“, so Neuer. Dass er der Trauzeuge von Tapalovic ist und dieser Trauzeuge bei Neuer war, zeigt auf, dass die beiden nicht nur Kollegen sind.
Dass Tapalovic nun gehen muss, ist ein weiterer Hieb gegen den Kapitän der Münchner – in dessen Abwesenheit (Neuer befindet sich in der Reha) die Bayern als Ersatz in der vergangenen Woche nicht irgendeinen Keeper verpflichtet hatten, sondern in Yann Sommer die unumstrittene Nummer eins von Borussia Mönchengladbach. Sommer erhielt einen Vertrag bis 2025. Er läuft ein Jahr länger als der von Neuer. Auch dies ein Zeichen.
Als am vergangenen Samstag dann Alexander Nübel, der von den Bayern an AS Monaco ausgeliehen ist, im ZDF öffentlich kritisierte, dass es sehr wenig Kontakt mit Tapalovic gegeben hatte, konnte man erstmals erahnen, dass bei den Bayern etwas im Argen liegt. „In der Zeit, wo ich in Monaco bin, gab es nicht viel Kontakt. Davor hatten wir ein normales Verhältnis. Ich glaube schon, dass man sich ab und zu austauschen hätte können über die Situation“, sagte Nübel. Sportvorstand Hasan Salihamidzic hatte am Tag darauf via BILD angekündigt: „Darüber werden wir intern sprechen.“
Die offenbar mangelnde Neutralität Tapalovic‘ in der Torhüterfrage – neben Neuer und nun Sommer sind noch Sven Ulreich und Johannes Schenk bei den Münchnern auf der Position beschäftigt – ist das eine. Zudem scheint aber auch das Verhältnis zwischen Cheftrainer Julian Nagelsmann und Tapalovic nicht das beste gewesen zu sein. Als Nagelsmann 2021 von RB Leipzig zu Bayern kam, traf er einige Entscheidungen – eine davon war, Tapalovic, der unter Nagelsmanns Vorgänger Hansi Flick zum Co-Trainer befördert worden war, wieder zum reinen Torwarttrainer abzustufen.
Tapalovic wirkte isoliert
Tapalovic wurde nicht mehr in jede Entscheidung des Trainerstabs eingeweiht. Als die Bayern Anfang Januar in Doha ihr Trainingslager absolvierten, fiel Beobachtern der öffentlichen Trainingseinheiten auf, dass Tapalovic etwas isoliert wirkte. Neuer, sein vertrauter Keeper und Freund, weilte in Deutschland.
Nun zogen die Bayern die Reißleine. Offenbar auch, um den inneren Frieden nicht weiter zu gefährden. Dass die Entscheidung zu einem Zeitpunkt gefallen ist, an dem Neuer verletzt ist, damit auch nicht beim Team und auch nicht ständig auf dem Trainingsgelände, lässt natürlich weiteren Raum für Spekulationen. Zumindest haben die Bayern für Klarheit auf einer Position gesorgt, auf der es offenbar zuletzt Probleme gab, die aber bislang stets unter den Teppich gekehrt worden sind.
Als Nachfolger von Tapalovic soll Tom Starke vorerst fungieren. Der Ex-Keeper ist seit Sommer 2017 Torwart-Koordinator für den Bayern-Nachwuchs und zudem Torwarttrainer der U19. Starke soll die Keeper der Bayern am Dienstag vor der Partie gegen den 1. FC Köln warmmachen.