Europäische Königsfamilien waren so etwas wie die Existenzgrundlage für die Klatschpresse. Also Zeitschriften wie „Das Neue Blatt“, „Frau im Spiegel“ und „Freizeit Revue“. Teilweise seit Jahrzehnten versorgen diese Blätter aus großen Verlagshäusern die Republik mit Geschichten aus der Welt des Adels. Bedauerlicherweise entsprechen diese Geschichten in vielen Fällen nicht den üblichen journalistischen Standards. Überschriften auf Titelseiten sind etwa grob irreführend und auch die eigentlichen Artikel gleichen mehr Erzählungen denn tatsächlich recherchierten Beiträgen.
Während einige Königshäuser dagegen mit Klagen vorgehen, galt in Großbritannien stets das Motto: „Never complain, never explain“ – bloß nicht reagieren. Mit dieser Stillhaltestrategie will vor allem das ehemalige Prinzenpaar Harry und Meghan nichts mehr zu tun haben, sie wehren sich gegen falsche Berichte in britischen Medien. Und nicht nur das – als einen der Hauptgründe, ihr eigenes Leben zu einer Netflix-Serie gemacht zu haben, nennen Harry und Meghan ihr Anliegen, ihre Geschichte lieber selbst zu erzählen.
Zum einen vollzieht sich hier also eine Wende, die durch das Internet, soziale Medien und die Streamingdienste möglich gemacht wird – Prominente können ihre Version der Wahrheit direkt an die Menschen senden und damit klassische Medien umgehen (die berichten natürlich trotzdem munter weiter).
Zum anderen erleben wir an diesem Beispiel auch die endgültige Wende von der gedruckten zur verfilmten Adelserzählung. Die genannten Zeitschriften verlieren seit Jahren massiv an Auflage, was nicht nur mit dem hohen Alter der Leser zu tun hat, sondern auch mit dem Relevanzverlust der meist wöchentlich erscheinenden Blätter.
Konnte man sich in der alten Welt noch der Illusion hingeben, die dort beschriebenen Vorgänge könnten zumindest irgendwie stimmen, wird diese durch die inszenierte Authentizität à la Netflix zerstört. Wie glaubwürdig das alles ist, spielt natürlich am Ende nur eine Nebenrolle – wichtig ist nur, dass das Geld jetzt andere verdienen.