Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat sich dafür ausgesprochen, ein Vereinsverbot für das Umfeld der „Letzten Generation“ zu prüfen. Man bereite eine entsprechende Anfrage an das Bundesinnenministerium vor, sagte Merz im WELT Talk am Mittwoch.„Das bereiten wir in der Tat vor, weil wir die Frage stellen müssen, ob man nicht diese Vereine, die sich in dem Umfang da gebildet haben, um diese sogenannten Klimaaktivisten drumherum – die ja mit Klima und Demonstrationsfreiheit nichts mehr zu tun haben, das sind Straftäter –, ob man da nicht zu entsprechenden Verboten kommen kann.“
Allerdings sei ein Vereinsverbot auch nur ein erster Schritt, räumte Merz ein. Das alleine werde nicht reichen: „Man verbietet die Gesinnungen nicht, indem man die Organisationen verbietet, sondern wir müssen uns mit diesen Gesinnungen auseinandersetzen und einfach sagen: Diese Menschen sind auf einem kompletten Irrweg mit dem, was sie da machen. Sie gefährden Menschenleben, sie gefährden das Zusammenleben unseres Landes, sie spalten diese Gesellschaft und dagegen müssen wir politisch etwas tun.“
Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang dagegen will ein AfD-Verbot nicht komplett ausschließen, wie sie im WELT Talk argumentierte. Eine Partei dürfe man zwar nicht leichtfertig verbieten, aber ein Verbotsverfahren sei durchaus eine Option, die man nicht tabuisieren dürfe. Unionsfraktionschef Friedrich Merz widersprach: „Ich halte von solchen Verbotsverfahren gar nichts.“
Lang sagte: „Das muss sehr genau geprüft werden. Denn was wir durchaus sehen, ist, dass der Rechtsextremismus einen parlamentarischen Arm hat – und das ist die AfD.“ Es gebe gute Gründe für ein Verbot: „Da ist eine Partei, die diese Demokratie – und am Ende auch dieses Land – zutiefst verachtet.“ Dennoch sei ein Parteiverbot ein schwerwiegender Eingriff und keinesfalls leichtfertig. „Es darf aber auch nichts sein, was ein Tabu ist.“
Merz stimmte zwar zu, dass ein solches Vorgehen möglich sei – hält es aber nicht für zielführend: „Das ist eine abstrakte Möglichkeit, die nach unserer Verfassung eröffnet ist, aber mit einem förmlichen Verbot einer Partei schaffen Sie doch die Menschen nicht aus dem Land, die einer solchen Partei angehören.“ Deren Gesinnung ändere sich nicht auf Knopfdruck, stattdessen würden die Betroffenen sich nur neu organisieren. „Und dann geht das Spiel von vorne los.“
Man müsse sich mit den Reichsbürgern politisch auseinandersetzen, nicht juristisch, so Merz. Er verwies auf das Verbotsverfahren gegen die NPD, das den Bundestag und den Bundesrat jahrelang beschäftigte und im ersten Durchgang scheiterte. „Anschließend war es irgendwann irgendwie erfolgreich. Und haben wir das Problem gelöst? Es ist eigentlich größer als vorher“, erklärte er.
Eine Verschärfung des Waffenrechts kann sich Merz jedoch vorstellen – allerdings nur, wenn die Waffen der Reichsbürger tatsächlich auf Basis des geltenden Waffenrechts erworben und gehalten wurden. „Wenn sich herausstellen sollte, dass Leute aus dieser Szene legal in den Besitz von Waffen gekommen sind, dann muss man das in der Tat überprüfen.“ Das alleine werde aber nichts nützen, so Merz, nur weil man diesen Leuten die Waffen abnehme, ändere sich ihre Gesinnung nicht.
Merz verteidigte zudem sein tagelanges Schweigen zur Großrazzia gegen die Reichsbürgerszene. „Ich äußere mich nicht zu Dingen, die ich nicht abschließend beurteilen kann.“ Er habe auf die Sondersitzungen des Innenausschusses und des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages gewartet. „Ich stütze mich nicht auf Medienberichte, ich will die Hintergründe wissen. Und dann äußere ich mich dazu. Und das habe ich gestern getan.“
Den Vorwurf von Grünen-Chefin Ricarda Lang, er habe ein politisches Signal gesetzt, indem er sich zwar schnell zur Razzia bei der „Letzten Generation“ geäußert, bei den Reichsbürgern aber abgewartet habe, wies Merz entschieden zurück: „Das ist Ihre Unterstellung, das muss ich hiermit klar und deutlich zurückweisen. Das ist eine Frechheit und eine Unverschämtheit, so etwas zu sagen.“ Es hätte auch Tage gedauert, bis er sich zu den Klimaaktivisten geäußert hätte. „Dann allerdings genauso klar und genauso deutlich wie zu den Reichsbürgern.“
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