Sunday, May 5, 2024

Supreme Court: In diesem Prozess hat Donald Trump bereits gewonnen

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Um Schlag zehn Uhr am Donnerstagmorgen eröffnete der Gerichtsdiener die Verhandlung mit dem traditionellen Ruf „Oyez! Oyez! Oyez!“ Ein Ruf aus lang vergangenen Tagen, als an englischen Gerichten noch Französisch gesprochen wurde. Der Supreme Court der Vereinigten Staaten hat ihn bewahrt für den Moment, wenn seine neun Richter den Saal betreten, die vielfach Historisches zu verhandeln haben.

So auch an diesem grauen Aprilmorgen. Der Fall: Donald J. Trump v. United States. Im Raum steht nichts Geringeres als die Frage, ob ein Präsident zu jeder Zeit und in jeder Situation Immunität vor der Strafgerichtsbarkeit besitzt.

Der nun laufende Prozess hat eine riesige politische Dimension. Aktuell für den Ex-Präsidenten, aber durch eine Entscheidung der Obersten Richter auch für die Zukunft. „Wir schreiben hier eine Regel für alle Zeiten“, erklärte Neil Gorsuch, einer von drei Richtern, die Trump ernannt hat.

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Egal, wie das Urteil ausfällt – Trump hat schon jetzt einen Sieg davongetragen. Allein dadurch, dass das Oberste Gericht die Prüfung überhaupt genehmigte. Und dank Argumenten, die mehrere Richter am Donnerstag einbrachten.

Zwei Stunden und vierzig Minuten befragten die Neun zunächst Trumps Anwalt John Sauer, warum sein Mandant keine Verantwortung tragen soll für den Versuch, Joe Bidens Wahlsieg 2020 zu kippen. Im Anschluss stellte sich Michael Dreeben als Vertreter des Justizministeriums ebenfalls scharfen Fragen. Trump selbst erschien nicht vor dem Supreme Court.

Die Anhörung ist Teil eines Verfahrens, das wiederum nur einer von vier Prozessen ist, mit denen Trump mitten im Wahlkampf 2024 konfrontiert ist. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Worum geht es in dem Verfahren am Supreme Court?

Anfang August 2023 wurde Trump wegen versuchter Wahlbeeinflussung und Verschwörung in Washington angeklagt. Im Zentrum steht der Sturm des Kapitols durch Trumps Anhänger im Januar 2021. In zwei Instanzen ist er bereits damit gescheitert, die Vorwürfe mit dem Argument präsidentieller Immunität abzuwehren, gewann aber Zeit. Nun hat er erfolgreich beim Supreme Court die letztinstanzliche Prüfung dieser Frage angestoßen.

Welche sind Trumps Argumente?

Anwalt Sauer begann seine Aussage mit dem bemerkenswerten Satz: „In 234 Jahren US-Geschichte ist kein Präsident je wegen seiner offiziellen Taten strafverfolgt worden. Die Gestalter unserer Verfassung sahen eine energische Exekutive als essenziell für die Sicherung unserer Freiheit an.“

Gestehen die Richter Trump und damit dem Amt des Präsidenten keine Straffreiheit zu, dann hätte George W. Bush für seine vermeintlichen Lügen über die Gründe für den Irak-Krieg ins Gefängnis gemusst; Barack Obama für den Tod von US-Bürgern durch Drohnenangriffe; Joe Biden für den illegalen Grenzübertritt von Migranten. Ein US-Präsident könne sein Amt nicht ausfüllen in der Sorge, nach seiner Amtszeit im Gefängnis zu landen.

Welche sind die Argumente der Anklage?

Anwalt Dreeben erklärte für das Justizministerium, Trumps „neuartige Theorie“ habe zur Konsequenz, dass Ex-Präsidenten niemals verurteilt werden könnten für Bestechung, Hochverrat, Aufruhr, Mord oder den Versuch, ein Wahlergebnis rückgängig zu machen. „Eine solche präsidentielle Immunität hat keine Basis in unserer Verfassung. Deren Gestalter wussten zu gut um die Gefahr eines Königs, der nichts Strafbares tun kann. Weshalb sie ein System erfanden, um Machtmissbrauch vorzubeugen, besonders jenem für private Interessen.“

Wie reagierten die Richter?

Schon jetzt deutet sich an, dass der Supreme Court die Anklage gegen Trump länger prüfen will. Die Juristen konzentrierten sich auf die Frage, ob Immunität für „private“ oder für „offizielle“ Handlungen gilt. Und welche von Sonderermittler Jack Smith erhobenen Vorwürfe als offiziell gelten und dann womöglich unter den Immunitätsschirm fallen.

Eine Gerichtsskizze zeigt die neun Richter am Supreme Court

Eine Gerichtsskizze zeigt die neun Richter am Supreme Court: Film- und Fotoaufnahmen sind in den Prozessen nicht erlaubt
Quelle: dpa/Dana Verkouteren

Die Debatte schied konservative von liberalen Richtern. So mahnte die von Obama eingesetzte Richterin Sonia Sotomayor, eine Garantie für Straffreiheit „droht aus dem Oval Office eine Verbrechenszentrale zu machen“. Ein Einwand, den die von Biden eingesetzte Richterin Ketanji Brown Jackson in ähnlicher Form machte.

Auf Seite der Konservativen argumentierte Richter Brett Kavanaugh, dass Teile der Anklage gegen Trump auf vagen Gesetzen zu Betrug und Verschwörung basierten. Kavanaugh erklärte auch, dass eine 1984 bis 1999 geltende Regelung, nach der Sonderermittler für Prüfungen von Handlungen der Exekutive eingesetzt werden konnten, „eine schreckliche Entscheidung war“. Er sei „sehr besorgt“, dass zusätzliche Einschränkungen der Amtsführung geben könnte, die Trumps Fall Rechnung trägt, aber in der Zukunft missbraucht werden könnten.

Warum ist das Verfahren so wichtig für Trump?

Für Trump geht es im besseren Fall darum, Zeit zu gewinnen. Im besten Fall, dass es gar keinen Prozess gibt. Bestätigen die Richter Trumps Annahme einer Immunität, dann hat die Anklageschrift von Sonderermittler Jack Smith wohl keine Bedeutung mehr.

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Nach der heutigen Anhörung sieht es zwar nicht danach aus. Aber in jedem Fall verzögert sich der Beginn noch weiter. Smith hatte das Verfahren bereits Anfang März beginnen wollen. Jeweils hatten Trumps Anwälte mit der Immunitätsprüfung erfolgreich Sand ins Getriebe gestreut.

Interessanterweise schlug die von Trump eingesetzte Richterin Amy Coney Barrett dem Anwalt des Justizministeriums vor, er solle die Anklageschrift reduzieren auf die Vorwürfe, die „privat“ seien. Damit könne der Sorge der Anklage Rechnung getragen werden, dass sich das Verfahren zu sehr verzögert. Anwalt Dreeben schien nicht begeistert: Die Anklage sei eine „integrierte Verschwörung“ mit vielen Ebenen.

Könnte Trump noch vor der Wahl im November verurteilt werden?

Nach der heutigen Anhörung ist das unwahrscheinlich. Sollten die Richter tatsächlich eine Aufschlüsselung der Vorwürfe in private und öffentliche Handlungen anordnen, bedeutet das eine zeitaufwändige Aufarbeitung. Obendrein könnten sie sich bis Ende Juni Zeit lassen, wenn die Sitzungsperiode am Supreme Court endet.

Selbst wenn Sie den Antrag verwerfen und Trump keine Immunitätsrechte zubilligen, würde die wohl Zeit zu knapp, um den eigentlichen Prozess wegen versuchter Wahlbeeinflussung und Verschwörung in Washington durchzuführen. Schon die Auswahl der Geschworenen im vergleichsweise einfachen Prozess um Schweigegeldzahlungen dauerte eine Woche. Urteilen die Richter am Supreme Court zeitnah, könnte das neue Verfahren zumindest noch vor der Wahl starten.

Sollte Trump vor dem Urteil die Wahl gewinnen, hätte er aber noch eine weitere Karte, die er spielen könnte: Als Präsident könnte der das Justizministerium anweisen, das Verfahren einzustellen. Und sollte es tatsächlich noch zu einem Urteil kommen, dann kann er sich als Präsident selbst begnadigen – nach einer Prüfung durch den Supreme Court. Auch das wäre ein Novum in der langen US-Rechtsgeschichte.

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