Sunday, May 19, 2024

Argentinien: Der alte Falkland-Konflikt spielt Putin in die Hände

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Als waschechter Klassenkämpfer hat Francisco Oliveira, genannt „Padre Paco“, schon viel erlebt. Aber dass der katholische Armenpriester mit Porno-Botschaften bombardiert wird, war auch für den rustikalen Geistlichen eine neue Erfahrung: „Sie haben uns mit Steinen beworfen, mit lauter Musik beschallt und in meinem Fall haben sie pornografische Videos vorgespielt. Das alles begleitet von der Provinzpolizei, die dich nicht nur nicht verteidigt, sondern dem Tycoon Joe Lewis zu Diensten ist.“

Armenpriester Francisco Oliveira, genannt „Padre Paco“

Armenpriester Francisco Oliveira, genannt „Padre Paco“
Quelle: Tobias Käufer

Passiert ist das Ganze vor ein paar Tagen am „Lago Escondido“ im argentinisch-chilenischen Grenzgebiet – der jüngsten Konfliktlinie zwischen Argentinien und dem Vereinigten Königreich. Konkret zwischen linksnationalen argentinischen Aktivisten und dem britischen Milliardär Joseph „Joe“ Lewis.

Quelle: Infografik WELT

„Padre Paco“ gehörte zu jenen, die an vorderster Front für die „Rechte des argentinischen Volkes“ eintraten, wie er mit rauer Stimme berichtet. Als er auch noch einen Hungerstreik begann, „wehrte“ sich die Gegenseite mit besagtem Porno-Bombardement. Inzwischen ist „Padre Paco“ wieder in seiner kleinen Hütte in der Gemeinde Merlo in der Provinz Buenos Aires und stellt im Gespräch mit WELT seine Sicht im Konflikt mit Großbritannien dar: „Die Falklandinseln sind argentinisch und der Lago Escondido auch.“

Im Kampf um den Grundbesitz eines britischen Milliardärs brechen derzeit die Wunden des Falkland-Krieges wieder auf. Was als Forderung nach einem Zugang zum See für „das Volk“ begann, hat längst das Zeug für einen erneuten Konflikt zwischen beiden Ländern. Im Hintergrund spielt auch Wladimir Putin mit, der die anti-britischen Emotionen kräftig befeuert, um Lateinamerika auf seine Seite zu ziehen.

Der britische Milliardär Joe Lewis

Der britische Milliardär Joe Lewis
Quelle: Corbis via Getty Images

Wer durch Argentinien reist, wird eigentlich auf Schritt und Tritt an den argentinischen Anspruch auf die Falkland-Inseln erinnert. Plakate, Graffitis selbst auf den Bussen ist die Landkarte mit den kargen Inseln zu sehen. Im April 1982 brach ein Krieg zwischen Großbritannien und Argentinien aus, nachdem die Militärjunta in Buenos Aires versuchte, mit einer militärischen Besetzung der „Islas Malvinas“ (wie die Falkland-Inseln auf Spanisch heißten, d.Red.) Fakten zu schaffen.

Doch die britische Premierministerin Margaret Thatcher schickte ihre Marine und die Luftwaffe. Ein paar Wochen später waren 649 argentinische Soldaten und 258 britische Soldaten tot und die „Islas Malvinas“ waren wieder die „Falklands“. Für die brutale argentinische Militärdiktatur war es der Anfang vom Ende.

Trotz dieses militärischen Debakels ist der Anspruch auf die Falkland-Inseln weiterhin tief in der argentinischen Seele verwurzelt. Die Engländer, so sehen es die Argentinier, seien Piraten, die sich als Imperialisten die Falkland-Inseln ungerechter Weise angeeignet hätten. Eine Sichtweise, die in den letzten Monaten auch aus Russland immer wieder gestützt wird. Mal durch Außenminister Sergej Lawrow, der die argentinischen Ansprüche unterstützt, mal durch die in Lateinamerika sehr aktiven russischen Propaganda-Sender Russia Today oder Sputnik.

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Für Moskau ist der ungelöste Konflikt eine willkommene Gelegenheit, einen Keil zwischen Argentinien und Lateinamerika einerseits und die Ukraine-Unterstützer England und Europa andererseits zu treiben. Wirklich überzeugende Argumente haben die Briten nämlich nicht, warum sie einen historischen Anspruch auf das rund 10.000 Kilometer weit entlegene Territorium direkt vor der argentinischen Küste haben sollten.

Die argentinische Vizepräsidentin Cristina Kirchner, die das Land von 2007 bis 2015 als Präsidentin regierte, kritisierte in den vergangenen Monaten die Sichtweise des Westens auf den Ukraine-Konflikt.

Doppelmoral der Supermächte

Es gebe eine Doppelmoral der Supermächte im Bereich des internationalen Rechts, wenn es darum gehe, Entscheidungen zu treffen, sagte sie. „Erinnert euch an die Malvinas“, verlangte Kirchner vom Westen indirekt, nicht nur die Souveränität der Ukraine, sondern auch die der Inselgruppe anzuerkennen.

Zurück zum „Lago Escondio“ wo der aktuelle Stellvertreterkonflikt zwischen den beiden Nationen tobt. Dort begann der Streit zunächst mit der Forderung der lokalen Bevölkerung einen Zugang zum See zu erhalten, der auf dem Grundstück des britischen Milliardärs liegt. Doch der weigert sich und rief die Polizei um Hilfe. Die Aktivisten versuchten es spektakulär mit Kajaks, später kam es zu Konfrontationen mit den Sicherheitskräften.

Ein malerischer See – aber umkämpft

Ein malerischer See – aber umkämpft
Quelle: Getty Images/Image Source

Mittendrin ist immer „Padre Paco“: „Der ausländische Multimillionär Joe Lewis hat in betrügerischer Absicht ein großes Stück Land in Patagonien gekauft, das an der Grenze zu Chile liegt.“ Betrügerisch deshalb, weil das Gesetz nicht eingehalten worden sei. Der Brite sei nämlich gar nicht berechtigt, das ganze Stück Land zu besitzen, weil es an der Grenze zu Chile liege. Das verletzte die Souveränität Argentiniens, sagt „Padre Paco“.

Oben drein soll Lewis auch noch ein enger Freund des ehemaligen konservativen Präsidenten Mauricio Macri sein, was in der ohnehin stark polarisierten argentinischen Gesellschaft die Dinge noch weiter verkompliziert. „Padro Paco“ weiß, dass es im Grunde gar nicht um den See geht, sondern um das große Ganze: „Am Lago Escondido geht es um weit mehr als nur die Eröffnung einer Straße.“

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