Die russische Armee hat nach ukrainischen Angaben einen großen Angriff in der Grenzregion bei der Stadt Charkiw begonnen. Am Freitagmorgen ab 5.00 Uhr Ortszeit (4.00 Uhr MESZ) seien feindliche Bodentruppen im Schutz von Panzerfahrzeugen vorgerückt, um die Verteidigungslinien zu durchbrechen, teilte das ukrainische Verteidigungsministerium mit.
Ziel der Angriffe war demnach die ukrainische Stadt Wowtschansk, die etwa 40 Kilometer nordöstlich von Charkiw dicht an der Grenze liegt. Bislang seien die Angriffe abgewehrt worden, die Kämpfe dauerten in unterschiedlicher Intensität an, teilte das Militär mit. Unabhängig waren diese Angaben nicht zu überprüfen.
Nach Angaben des Gouverneurs der Region Charkiw, Oleh Synehubow, versuchten die russischen Truppen, die Grenze zur Ukraine zu durchbrechen. Sie hätten den Beschuss von Wowtschansk verstärkt, erklärte Synehubow auf dem Kurzmitteilungsdienst Telegram. Die Angriffsversuche seien abgewehrt worden, die ukrainischen Streitkräfte hätten „selbstbewusst ihre Stellungen gehalten und keinen einzigen Meter verloren“. Russland habe nicht die Mittel, um auf die zweitgrößte ukrainische Stadt Charkiw vorzurücken. Die Aktionen der russischen Truppen an der Grenze seien eine „Provokation“.
Über eine mögliche russische Offensive bei Charkiw wird seit Wochen spekuliert. Es gibt Berichte, dass die russischen Truppen dort mehrere Zehntausend Mann zusammengezogen haben. Für den Ernst der Lage spricht, dass das Verteidigungsministerium in Kiew sich dazu äußerte, nicht wie sonst der Generalstab. „Zur Verstärkung der Verteidigung an diesem Frontabschnitt werden Reserven herangeführt“, teilte das Ministerium mit.
Charkiw war kurz nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine am 22. Februar 2024 unter russische Kontrolle geraten. Die ukrainischen Truppen konnten die Stadt aber dann wieder befreien.
Schon am Tag zuvor war der Frontabschnitt bei Wowtschansk von russischen Kampfflugzeugen aus der Luft mit Gleitbomben bombardiert worden. Über Nacht habe dann die russische Artillerie die vordersten ukrainischen Stellungen beschossen zur Vorbereitung des Angriffs, hieß es vom ukrainischen Verteidigungsministerium. Auch der russische Militärblogger Rybar beschrieb die Kämpfe bei Wowtschansk: Es gehe zunächst darum, die Kampfzone auszuweiten und im Gefecht die feindlichen Stellungen aufzuklären.