Es sind enorm intensive Wochen für den FC Bayern. Der deutsche Rekordmeister sucht nach einem Nachfolger für den im Sommer scheidenden Trainer Thomas Tuchel, und zwischen den beiden Halbfinalspielen in der Champions League gegen Real Madrid galt es Samstagnachmittag, den Bundesligaalltag zu bewältigen.
Auswärts gegen den VfB Stuttgart gelang dies überhaupt nicht, die Bayern verloren 1:3 (1:1). Sie haben lediglich zwei ihrer vergangenen sieben Auswärtsspiele in der Liga gewonnen, in dem Wettbewerb spielen sie ihre schwächste Rückrunde seit 17 Jahren.
Gegenüber dem Hinspiel gegen Real (2:2) änderte Tuchel seine Startelf auf sechs Positionen, er ließ unter anderem Jamal Musiala, Leon Goretzka und Leroy Sané draußen – Mittwoch (21 Uhr, DAZN) kämpfen seine Bayern im Rückspiel im Bernabeu-Stadion um den Einzug ins Finale, das am 1. Juni im Wembley-Stadion ausgetragen wird. Weil sich Raphaël Guerreiro in Stuttgart verletzte, musste Tuchel bereits in der 17. Spielminute Goretzka einwechseln.
Wie geht es Guerreiro, fragte ein Reporter Tuchel nach dem Abpfiff. „Dem geht es gar nicht gut, er läuft auf Krücken rum. Es ist verhext“, antwortete der von dem Verletzungspech sichtlich genervte Trainer. Guerreiro wird laut Tuchel gegen Madrid sehr wahrscheinlich ausfallen. Das sei „bitter, bitter, bitter für uns“, sagte Tuchel. In Stuttgart musste zudem Abwehrprofi Eric Dier am Kopf behandelt werden. Der Engländer spielte mit einem Turban erst weiter, wurde dann aber auch ausgewechselt.
Der verletzte Innenverteidiger Matthijs de Ligt solle es Sonntag im Training versuchen, der Niederländer spielte in Stuttgart nicht, trainierte Samstag stattdessen individuell.
„Wenn wir im Bus sitzen, erlaube ich keinem, noch an dieses Spiel zu denken“, sagte Tuchel. Man müsse die Partie in Stuttgart schnell abhaken. Mittwoch in Madrid werde es schwer genug. Seine Mannschaft hätte in Stuttgart große Torchancen gehabt und hätte gewinnen können.
Leonidas Stergiou schoss für den VfB das 1:0 (29.) Harry Kane nutzte einen umstrittenen Foulelfmeter – Serge Gnabry war nach einem Zweikampf mit Waldemar Anton gefallen, der VAR hatte die Szene geprüft – zum 1:1 (37.). Es war das 36. Saisontor des Stürmers.
Anton sagte nach dem Spiel, es sei aus seiner Sicht kein Elfmeter gewesen. Gnabry war über die Aussage verwundert und betonte: „Er trifft mich ganz klar im Auge, ich habe den Kontakt gespürt.“ Sky-Experte Dietmar „Didi“ Hamann sagte: „Anton wird bestraft dafür, dass Gnabry den Kopf so weit unten hat.“ Und Tuchel sagte lächelnd, als er die Wiederholung im Fernsehen sah: „Soft-Penalty.“
Max Eberl: Absage Rangnicks kam überraschend
Zur zweiten Hälfte musste Tuchel auch den verletzten Eric Dier auswechseln. Stuttgart dominierte weiter, der eingewechselte Woo-Yeong Jeong köpfte das 2:1 (83.), Silas traf in der Nachspielzeit zum 3:1 (90.+3).
Bayern-Sportvorstand Max Eberl wollte Samstag keinen Namen von Trainerkandidaten kommentieren. Unter anderem wird der Spanier Julen Lopetegui gehandelt, der ohne Verein ist. Die Absage von Ralf Rangnick sei „im Endeffekt überraschend“ gewesen. „Für uns aber ist es, wie es ist, und jetzt geht es weiter“, sagte Eberl, der von „einer Tür“ sprach, die jetzt plötzlich aufgegangen sei.
Genaueres dazu verriet er nicht. Rangnick hatte am vergangenen Mittwoch mitgeteilt, dass er Nationaltrainer Österreichs bleibe. Zuvor hatten sich Bayer-Leverkusen-Trainer Xabi Alonso und Bundestrainer Julian Nagelsmann für den Verbleib in ihren Positionen entschieden. Zuletzt hatten auch die ebenfalls als Kandidaten gehandelten Roberto de Zerbi von Brighton & Hove Albion und Roger Schmidt von Benfica Lissabon wissen lassen, bei ihren Klubs bleiben zu wollen.
Tuchel selbst und Vereinspräsident Herbert Hainer betonten Samstag, dass der aktuelle Coach nicht über das Saisonende hinaus Bayern-Trainer sein wird. „Druck im Fußball gibt es immer, bei den Bayern noch viel mehr“, sagte Eberl. „Am 15. Juli ist Trainingsstart – dann sollte er auf dem Platz stehen.“
Sky-Experte Hamann sagte nach dem Spiel in Stuttgart: „Die Bayern brauchen einen Menschen, der Empathie hat, der auf die Menschen zugeht und vermittelt, der die Spieler wie Söhne behandelt“ Für ihn wäre Sebastian Hoeneß generell die erste Lösung gewesen, Hamann schwärmte von dem Stuttgarter Trainer, der aber beim VfB bleiben wird. „Vom Typen her könnten die Bayern ihn sehr gut brauchen“, so Hamann.