Die islamistische Terrororganisation Hamas hat am Mittwoch erneut ein Video einer aus Israel entführten Geisel veröffentlicht. Darin ist ein 24 Jahre alter Mann zu sehen, der der israelischen Regierung schwere Vorwürfe macht. Sie habe die israelischen Bürger im Stich gelassen und nicht beschützt.
Die aus Israel entführten Menschen befänden sich in einer „unterirdischen Hölle“ ohne Nahrung, Wasser und medizinische Behandlung, sagte der vom Nova-Musikfestival Entführte in dem Video. Er forderte die israelische Regierung darin auch auf, die Geiseln nach Hause zu bringen.
Der 24-Jährige sagte außerdem von den Verschleppten im Gaza-Streifen seien 70 durch Luftangriffe der israelischen Armee getötet worden. Israel weiß nach eigenen Angaben derzeit nicht, wie viele der Geiseln in Gaza tot sind und unter welchen Bedingungen sie ums Leben kamen.
Unklar war zunächst auch, unter welchen Umständen das von dem militärischen Arm der Terrororganisation, den sogenannten Kassam-Brigaden, veröffentlichten Video entstanden ist und ob der Mann aus freien Stücken oder unter Drohungen sprach. Die Aufnahme war zudem nicht datiert, das Hamas-Massaker war am Mittwoch allerdings 201 Tage her.
Das Video war zuerst auf dem offiziellen Telegram-Kanal der Hamas hochgeladen worden. Das US-Nachrichtenportal „Axios“ berichtete, die Hamas habe das Video an Katar weitergeleitet. Der Golfstaat habe es am Montag an die USA geschickt. „Axios“ zufolge übt Katar seit einiger Zeit Druck auf die Hamas auf, um einen Lebensbeweis der Geiseln zu erhalten und diesen an die USA weiterzuleiten.
„Ich wollte mit meinen Freunden abhängen“
Israel war bis vor wenigen Wochen davon ausgegangen, dass knapp 100 der rund 130 verbliebenen Geiseln noch am Leben sind. Inzwischen wird aber befürchtet, dass deutlich mehr von ihnen bereits tot sein könnten.
Auf den Videoaufnahmen ist der junge Mann mit fehlendem Unterarm zu sehen. Sein Unterarm wurde israelischen Medien zufolge abgerissen, als Terroristen aus dem Gaza-Streifen am 7. Oktober Granaten in ein Versteck warfen, in dem er und andere Menschen Schutz gesucht hatten.
„Ich wollte mit meinen Freunden abhängen und fand mich stattdessen mit schweren Verletzungen am ganzen Körper um mein Leben kämpfend wieder“, sagte die Geisel in dem Video.
Berichten zufolge ist der Mann israelischer und amerikanischer Staatsbürger. Er bitte seine Familie, für ihn stark zu bleiben, sagte er dem Video zufolge weiter.
„Wir lieben dich, sei stark, überlebe“
Die Familie reagierte erleichtert, ihren Sohn lebend zu sehen, sagten sie gegenüber der Zeitung „ynet“. Jedoch machen sie sich Sorgen um seine Gesundheit und sein Wohlergehen. „Wenn du uns hören kannst, sagen wir dir: Wir lieben dich, sei stark, überlebe.“
Seine Mutter setzt sich auf internationaler Bühne stark für seine Freilassung ein. Sie hielt unter anderem emotionale Ansprachen bei einer Großkundgebung in Washington und vor den Vereinten Nationen in Genf.
„Mit jedem Tag, der vergeht, wird die Angst, noch mehr unschuldige Leben zu verlieren, größer“, teilte das Forum der Geisel-Angehörigen nach Veröffentlichung des „erschütternden“ Videos mit. „Wir können es uns nicht leisten, noch mehr Zeit zu verschwenden. Die Geiseln müssen oberste Priorität haben.“ Seit mehr als 200 Tagen ertragen die Geiseln täglich körperliche, sexuelle und psychische Qualen, wie es in der Erklärung weiter hieß.
Die Hamas hat bereits mehrfach Aufnahmen der aus Israel verschleppten Menschen gezeigt. Diese Art von Videos werden von Israel als Psychoterror gegen die Angehörigen eingestuft.