Saturday, May 18, 2024

Klimaschutz: „Recht auf Baum“ – Berlin steht vor neuem Volksentscheid

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Berlin steht vor einem neuen Volksentscheid: Die Initiative „Baumentscheid“ will die Zahl der Straßenbäume in der Hauptstadt verdoppeln, um die Metropole an die Folgen des Klimawandels anzupassen. Dafür stellte die Initiative am Montag einen Gesetzesentwurf vor, über den parallel zur Bundestagswahl 2025 abgestimmt werden soll.

Bisher legen Gruppen wie „Fridays for Future“ und die selbsternannte „Letzte Generation“ den Fokus öffentlichkeitswirksam auf den Kampf gegen den Klimawandel. Die Initiatoren des Volksentscheids gehen einen Schritt weiter: Sie fordern angesichts der Hitzewellen, Dürreperioden und Starkregen in den vergangenen Jahren, die Stadt besser auf Extremwetterlagen vorzubereiten – vor allem durch mehr Grün.

Berlin ist mit Parks wie dem Tiergarten und dem Grunewald ohnehin eine verhältnismäßig grüne Hauptstadt. Mit dem neuen Gesetz soll die Zahl der Bäume an Straßen aber noch weiter steigen, von bisher 430.000 auf 800.000 im Jahr 2035. Es wäre das erste Klimaanpassungsgesetz auf Landesebene, 2023 verabschiedeten Bundestag und Bundesrat ein solches Gesetz.

Heinrich Strößenreuther, einer der Initiatoren des „Baumentscheids“, verweist auf den kühlenden Effekt von Linde, Ahorn oder Eiche durch den Schatten der Krone und den Verdunstungseffekt der Blätter. „Wir haben in Berlin im Schnitt alle 13 Meter einen Straßenbaum. Um die Stadt zu kühlen, brauchen wir das auf jeder Straßenseite“, sagt er. Er spricht von „Biopower in der Stadt“ und einem „Recht auf Baum“, wenn er erklärt, dass in einem Umkreis von 50 Metern um jeden Hauseingang ein Baum stehen soll.

Heinrich Strößenreuther ist Umweltaktivist, CDU-Mitglied und Gründer der Klima-Union

Heinrich Strößenreuther ist Umweltaktivist, CDU-Mitglied und Gründer der Klima-Union
Quelle: picture alliance/dpa/Christoph Soeder

In Sachen Volksentscheid ist Strößenreuther ein alter Bekannter: Er initiierte bereits 2016 den Volksentscheid Fahrrad für mehr Radwege und erhielt so großen Zulauf, dass der Berliner Senat ein Mobilitätsgesetz verabschiedete, bevor es zu einer Abstimmung an der Urne kam. Später trat Strößenreuther in die CDU ein und gründete die Klima-Union, eine Vereinigung von Klima- und Umweltpolitikern von CDU und CSU.

Im Sommer startete er mit rund 30 Mitstreitern die Initiative „Baumentscheid“. Zweites Gesicht der Gruppe ist Génica Schäfgen, Geschäftsführerin der Suchmaschine „Ecosia“. Das Berliner Unternehmen finanziert aus seinen Gewinnen Wiederaufforstungsprojekte und unterstützt den Volksentscheid mit 100.000 Euro. Weitere Spenden wollen die Aktivisten im April bei einer Gala mit dem Arzt und Moderator Eckart von Hirschhausen einwerben.

Schäfgen verweist auf die gestiegene Zahl der Hitzetoten. Im vergangenen Jahr starben 416 Menschen in Berlin an den Folgen von Hitze, im Durchschnitt der Jahre 1985 bis 2021 waren es nur 98. Zwar gebe es bereits Hitzeschutzpläne, aber keine gesetzlichen Grundlagen. „Wir wollen und wir können nicht auf die Politik warten“, sagt Schäfgen und deutet eine düstere Zukunft an. „Die Bürger haben ein Recht darauf, in dieser Stadt noch in zehn oder zwanzig Jahren leben zu können.“

Temperaturunterschied zwischen Stadt und Umland soll vier Grad nicht überschreiten

Die Umweltschützer planen, dem Land mit ihrem Gesetz detaillierte Vorgaben zu machen. So sollen Kieze identifiziert werden, die besonders von Hitzewellen betroffen sind, sogenannte Hotspot-Zonen. Dort soll das Land verpflichtet werden, die Temperatur durch zusätzliche Begrünung auf höchstens vier Grad über der Temperatur im Berliner Umland herunterzukühlen. Aktuell ist es nach Angabe der Initiatoren in besonders aufgeheizten Kiezen teilweise zehn Grad wärmer als im Umland. Zudem soll das Land Klimaanpassungsstrategien und Risikoanalysen erarbeiten, etwa mit Blick auf Feuerwehr und Rettungsdienste.

Für den Fall, dass das Land Zwischenziele verfehlt, dürften die Bürger gemäß den Vorgaben ab 2028 selbst Straßenbäume pflanzen und Beete mit Sträuchern oder Blumen am Boden um die Bäume anlegen. „Die Drohung, dass die Bürger selbst loslegen, wird wirken“, sagt Strößenreuther. Im Einzelfall könnte es allerdings zu Zielkonflikten kommen, räumt er ein, etwa, wenn Geh- oder Radwege für neue Bäume schmaler würden oder Parkplätze wegfielen.

Eine Kostenschätzung hat die Initiative noch nicht. Die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt beziffert die Kosten je Straßenbaum für drei Jahre auf 2500 Euro. Die Zahl der Straßenbäume zu verdoppeln, würde dementsprechend rund 925 Millionen Euro kosten.

Initiative „Baumentscheid“ setzt auf akribischen Zielvorgaben

Auffällig ist, mit welcher Akribie die Initiative Vorgaben und Pflichten formuliert, ausschweifendes Mikromanagement wäre die Folge. Sie wollen festschreiben, dass bis 2027 bereits 10.000 neue Bäume gepflanzt sind, dass das Land 2030 bereits jeden fünften Hotspot heruntergekühlt hat oder dass Pflanzlisten mit klimaresistenten Sorten veröffentlicht werden. Über den Erfolg soll ein fünfköpfiger Hitzerat als Kontrollgremium wachen.

Was nach Planwirtschaft klingt, ist für Strößenreuther eine neue Art, Politik zu machen. „Der Klimawandel zwingt uns, Gesetze anders zu schreiben“, sagt er. „Wir haben nicht mehr diese Laissez-faire-Chance.“ Zeitlich gestaffelte Zielvorgaben gebe es auch in vielen Konzernen, argumentiert er. Ob ambitionierte Ziele in der Hauptstadt reichen, ist aber fraglich. Das zeigt auch das Berliner Mobilitätsgesetz: Für 2023 waren 60 Kilometer neue Radwege Kilometer vorgesehen, gebaut wurden nur 22,3 Kilometer.

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Kritik am Bau-Turbo

In nächsten Schritt müssen die Unterstützer des „Baumentscheids“ innerhalb von sechs Monaten 20.000 Unterschriften sammeln. Dann ist der schwarz-rote Senat unter Kai Wegner (CDU) am Zug und könnte den Gesetzesentwurf übernehmen. Sonst muss die Initiative 200.000 Unterschriften vorlegen, um die Berliner 2025 an der Urne entscheiden zu lassen.

Der „Baumentscheid“ wäre bereits der fünfte Volksentscheid innerhalb von zehn Jahren in Berlin. Vor einem Jahr stimmte eine Mehrheit dafür, die Stadt bis 2030 klimaneutral zu machen. Die Abstimmung verfehlte aber das nötige Quorum von 25 Prozent der Wahlberechtigten.

Zuvor votierten die Berliner bereits für die Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen, den Weiterbetrieb des Flughafens Tegel und gegen die Bebauung des Tempelhofer Feldes. Allerdings hatten die Abstimmungen zu Enteignungen und zu Tegel keinen Gesetzesentwurf zur Grundlage und wurden bisher nicht vom Senat umgesetzt.

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