Ein langer Pass reichte, um die deutsche Defensive in Unordnung und Panik zu versetzen. Österreichs Michael Gregoritsch legte den Ball an der Mittellinie per Kopf auf Baumgartner ab, der ganz viel freien Rasen vor sich hatte. Deutschland hatte wieder einmal das Mittelfeld entblößt. Dies nutzte Baumgartner mit einem Pass auf Marcel Sabitzer, der Jonathan Tah auswackelte und zum 1:0 für Österreich traf. Schon zuvor hätten die Gastgeber gegen eine überforderte deutsche Abwehr treffen müssen. Sie taten es in der zweiten Halbzeit und gewannen gegen eine überforderte Mannschaft von Julian Nagelsmann völlig verdient 2:0 (1:0).
Es war ein Offenbarungseid, den die deutsche Nationalmannschaft in Wien leistete, der im Ausraster von Leroy Sané gipfelte. Damit hat der neue Bundestrainer Julian Nagelsmann die beiden Härtetests gegen die Türkei (2:3) und Österreich verloren. In einer Art und Weise, die wenig Hoffnung für die Europameisterschaft im kommenden Sommer macht.
Nagelsmann setze Joshua Kimmich auf die Bank und vertraute in der Zentrale Ilkay Gündogan und Leon Goretzka. Die Umstellung brachte nichts: Wie schon beim 2:3 gegen die Türkei fand Deutschland im Zentrum keinen Zugriff auf das Spiel und stand viel zu weite von seinen Gegenspielern entfernt. Es war ein leichtes für Österreich, sich durch das Mittelfeld zu kombinieren und Chancen herauszuspielen. Die DFB-Elf hätte sich auch nicht über vier oder fünf Gegentore beschweren können.
„Es ist alles hausgemacht. Wir haben es Österreich viel zu leicht gemacht, Chancen zu kreieren und Tore zu machen. Wir müssen uns eingestehen, dass es nicht nur die Defensive ist. Es geht schon vorne los“, sagte Kapitän Ilkay Gündogan. So werde man nicht erfolgreich: „Schlechter kann es nicht sein, vielleicht ist das der einzige positive Aspekt gerade. Der Trainer kennt die Gründe sehr genau. Jeder einzelne muss sich klar werden, was er machen kann, um eine optimale Leistung zu bringen.“
„Wir werden keine Verteidigungsmonster“
Der Trainer weiß, wo er nach den beiden Niederlagen „ansetzen will und kann“. „Wir haben viel Arbeit vor uns. Wir dürfen jetzt nicht in eine Opferrolle verfallen. Wir müssen akzeptieren, dass wir sehr viel Arbeit haben. Unfassbar viel Arbeit“, sagte Nagelsmann. Es werde nichts leicht von der Hand gehen: „Wir werden auch im Sommer keine Verteidigungsmonster werden. Die Mannschaft hat eine große Gabe, Fußball zu spielen. Aber wenn wir im Stand spielen, geht das nicht. Wir müssen mehr Dynamik auf den Platz bringen. Wenn der Schiri pfeift, fehlt der Zusammenhalt in der Mannschaft. Wir strotzen nicht vor Selbstvertrauen. Außerhalb des Platzes ist die Mannschaft außergewöhnlich. Wir bekommen aber den Transfer aufs Feld nicht hin.“
Die Nationalspieler sind es in ihren Vereinen wie den Bayern oder beim BVB nicht gewohnt, viel zu verteidigen. Deswegen tut die „absurde Ballverlustrate“ wie gegen Österreich besonders weh. „Es ist eine verdiente Niederlage. Wir sind nicht zu unserem Spiel gekommen und haben viele Lehren, die wir daraus ziehen können“, sagte Mats Hummels. Benjamin Henrichs brachte es auf den Punkt: „Ich bin extrem sauer und frustriert. Wir haben einfach schlecht gespielt.“