Rekord-Torjäger Miroslav Klose sieht die deutschen Fußball-Nationalspieler auf dem Weg zur Heim-EM in der Pflicht. „Die Mannschaft hat etwas gutzumachen gegenüber ihren Fans“, sagte Klose dem „Kicker“. Die WM-Enttäuschungen 2018 in Russland und 2022 in Katar seien nicht in fehlender Qualität des Teams begründet gewesen: „Ich hoffe, dass sich die Spieler wieder darauf besinnen, dass sie die deutsche Nationalelf verkörpern, die in der Vergangenheit in den meisten Turnieren weit kam. Man kann nicht erst ab dem Achtel- oder Viertelfinale anfangen, sich anzustrengen.“
Nach dem ernüchternden 2:3 gegen die Türkei am Samstag in Berlin hatte Bundestrainer Julian Nagelsmann die mangelnde Emotionalität mancher Nationalspieler als Grund für die erste Niederlage seiner Amtszeit genannt. Klose, der 2014 mit der DFB-Auswahl Weltmeister geworden war, sagte: „Die Grundsatzfragen für die letzten 10, 15 Prozent sind: Wie sehr ist jeder Spieler für den anderen da, wie sehr stellt jeder sein Ego hintenan? Was war bei uns für ein Feuer im Training in Brasilien! Da hat es geknallt.“
Die Nationalmannschaft beendet ihr Länderspieljahr am Dienstag (20.45 Uhr/ZDF) mit der Partie gegen Österreich in Wien. Danach hat Nagelsmanns Team eine Spielpause bis Ende März. Bereits am 2. Dezember werden allerdings in Hamburg die EM-Gruppen ausgelost.
„Halbfinale und Finale möglich“
Damit die deutsche Auswahl beim ersten Heimturnier seit 18 Jahren erfolgreich sein kann, muss sie in den Augen Kloses Grundlegendes liefern. „Phasenweise schöner Fußball wird nicht reichen, zu Hause muss es erfolgreicher Fußball sein“, so der frühere Weltklassestürmer: „Dazu müssen sich alle zusammenraufen. Dann sind Halbfinale und Finale möglich.“
Ganz grundsätzlich stimmte Klose aber Europameister Matthias Sammer zu, der den deutschen Fußball in einer tiefen Krise sieht. „Die Mannschaft hat bei den jüngsten Turnieren nicht performt, also muss es tiefere Probleme geben“, meinte Klose: „Beim Nachwuchs fängt es an, wir haben Nachholbedarf.“ Ob die im Jugendbereich vom Deutschen Fußball-Bund eingeleiteten Spielreformen die Wende bringen, „ist abzuwarten“.
Mit Blick auf seinen Ex-Klub FC Bayern berichtete der frühere Stürmer darüber, wie sehr er von Jamal Musiala angetan gewesen sei. Klose trainierte den heute 20-Jährigen von 2019 bis 2020 als U-17-Coach der Münchener – und ist mit der Entwicklung seines ehemaligen Schützlings mehr als zufrieden.
„Die ist überragend. Jamal hat alles angenommen, wollte alles direkt umsetzen und war immer sehr fleißig“, so Klose: „Wir schreiben uns noch und machen uns über seine frühere Lederallergie lustig. Er hatte einige Stockfehler. Und wenn man heute sieht, wie er in höchster Geschwindigkeit mit rechts und links die Bälle verarbeitet und wie eng er den Ball führt, ist es ein Genuss, ihm zuzuschauen.“