Mit freiem Oberkörper feierte Emiliano Martinez an Deck des offenen Busses, den Unterleib bedeckt von der Flagge seines Landes, die Goldmedaille um den Hals gehängt. Ein Siegeszug für den argentinischen Torwarthelden, der so sportlich so maßgeblichen Anteil am WM-Triumph der Albiceleste hatte. Nur hält er in der Hand einen Gegenstand, der Grundlage für Diskussionen bietet. Erneut, wie man nach dem Martinez‘ Verhalten in den vergangenen Tagen nach dem Triumph am Sonntag (4:2 im Elfmeterschießen gegen Frankreich) sagen muss.
Martinez präsentiert den Fans, die für die WM-Feier zu Millionen auf die Straßen von Buenos Aires gepilgert waren, eine Puppe, die an den 80er-Jahre-Film „Chucky – Die Mörderpuppe“ erinnert. Das Gesicht der Puppe ziert einen Gegner aus dem Endspiel, gegen den Martinez nun schon mehrfach gestichelt hatte: Kylian Mbappé. Bilder von dem Vorfall kursieren in den sozialen Medien, auch einzelne Videos sind aufgetaucht. In diesen deutet der Keeper von Aston Villa mehrfach auf die Puppe, jubelt mit ihr, dann hält er sich den Zeigefinger vor den Mund.
Es ist eine Analogie zu den Szenen, die schon aus der argentinischen Kabine im Lusail Stadion von Doha unmittelbar nach Schlusspfiff öffentlich geworden waren. Dort hatte Martinez in ähnlicher Gestik während eines Liedes eine Schweigeminute für den französischen Superstar gefordert, „der gestorben ist“. Laut argentinischen Medienberichten wurde Martinez die Puppe nun von einem Fan zugeworfen. Freunde jedenfalls werden Mbappé nach dessen Kritik am südamerikanischen Fußball („nicht so weit fortgeschritten“) und Martinez nach dessen Konter („Er weiß nicht genug über Fußball“) und den folgenden Provokationen nicht mehr.
Ein Ende im Chaos
Für Martinez endeten die Feierlichkeiten, an denen sich fünf Millionen Menschen beteiligten, wie für Lionel Messi und die ganze argentinische Nationalmannschaft im Chaos. Nachdem der Bus unter dem Druck der Menschenmassen kaum vorankam und es zu mehreren gefährlichen Zwischenfällen kam, wurde die Party abgebrochen. Das Team wurde zur Kadettenschule der Bundespolizei im Stadtteil Villa Lugano umgeleitet und von dort per Helikopter ausgeflogen. Die Spieler kehrten zum argentinischen Verbandsgelände zurück.
Auf Videos waren zuvor lebensgefährliche Manöver zu sehen, z.B. wie Fans von einer Brücke aus versuchten, sich Zugang zum Weltmeister-Bus zu verschaffen, einer von ihnen stürzte dabei auf die Straße. 31 Verletzte bestätigten die Behörden am Abend. Die meisten seien durch Stürze oder Schnittwunden verletzt worden. Ein fünfjähriger Junge kämpft nach Medienberichten um sein Leben, nachdem ihn offenbar ein abgebrochenes Stück Marmor eines Denkmals getroffen hatte. Er soll eine schwere Kopfverletzung erlitten haben. Am Tag vor der Parade sei bereits ein Mann an den Folgen eines Sturzes gestorben, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums der Zeitung „Télam“ bestätigte. Er sei in einem Parkhaus in die Tiefe gefallen.
Zudem war es zu Zusammenstößen zwischen Feiernden und der Polizei gekommen. Acht Polizisten und Feuerwehrleute wurden dabei verletzt. Die Stadtpolizei meldete 14 Festnahmen. Ein Polizei-Auto soll von Fans gekapert worden sein.
Die Stadtpolizei veröffentlichte außerdem Überwachungsaufnahmen von Plünderungen im Herzen der Innenstadt. Auf Fotos war zu sehen, wie Einsatzkräfte mit Helmen und Schildern geschützt in Formation rund um den Obelisken standen, um den herum argentinische Fans traditionell Siege feiern.