Saturday, May 18, 2024

Spitzname: „Tako“ – Mutmaßlicher Drogenboss in Berlin vor Gericht

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Im internationalen Drogengeschäft soll er eine bekannte Größe gewesen sein. Zum Prozessauftakt vor dem Berliner Landgericht wirkt Oscar R. L. dagegen eher wie ein biederer Geschäftsmann. Der grau melierte Bart ist ordentlich gestutzt, das Jackett sitzt. Als der 61-Jährige zu seinen Personalien befragt wird, antwortet er ruhig und wirkt gelassen.

Die Vorwürfe der Anklage mögen zu dem unscheinbaren Auftreten des Kolumbianers nicht recht passen. Denn Oscar R. L.– mutmaßlicher Spitzname: Tako – dealte demnach im großen Stil mit Drogen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm den Handel mit insgesamt einer Tonne Kokain zur Last.

Etliche Mitglieder der Drogenbande, mit denen der Angeklagte den Ermittlungen zufolge in Verbindung stand, müssen sich bereits seit August dieses Jahres vor Gericht verantworten. Sie sollen sogar mit mehreren Tonnen des weißen Stoffes gehandelt haben.

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Die Mengen, mit denen sich deutsche Ermittler üblicherweise befassen, wirken angesichts dieser Größenordnungen fast schon lächerlich. Mit dem aktuellen Verfahren vertraute Ermittler sprechen von „einer völlig neuen Dimension der Drogenkriminalität“.

Außergewöhnlich sind auch die Sicherheitsvorkehrungen, unter denen der Prozess gegen Oscar R. L. am Dienstag gestartet ist. Verhandelt wird in dem erst vor knapp zwei Jahren fertiggestellten neuen Hochsicherheitssaal des Berliner Justizgebäudes. Der Angeklagte sitzt in einer Kabine hinter Zentimeter dickem gepanzerten Glas. Besucher und Journalisten verfolgen das Verfahren hinter einer weiteren Sicherheitsverglasung.

Die Prozessbeteiligten stehen nach Informationen von WELT auch außerhalb des Gerichtsgebäudes unter besonderem Schutz. Grund ist eine Warnung des Bundeskriminalamtes (BKA). Warum das BKA zur besonderen Vorsicht mahnte, ist nicht bekannt. Der Vorsitzende Richter thematisierte zum Prozessauftakt lediglich eine „abstrakte Gefahr“ und deutete einen möglichen Zusammenhang mit Verfahren in den USA und Kolumbien an.

Von Mexiko über Riga nach Deutschland

Die Anklage der Berliner Staatsanwaltschaft beschränkt sich indes auf zwei konkrete Vorwürfe. Zum einen soll Oscar R. L. zwischen Frühjahr 2020 und November 2021 eine in Berlin ansässige Drogenbande beauftragt haben, 300 Kilogramm Kokain von Mexiko nach Deutschland zu schmuggeln. Den wertvollen Stoff wollten sie laut Vortrag des Staatsanwaltes in einem „manipulierten Seecontainer“ über die Grenzen schaffen. In der lettischen Hauptstadt Riga sollen die Bandenmitglieder eine „eigens zum Zweck des Kokain-Imports aufgebaute Logistik“ genutzt haben.

Das Kokain sollte laut Anklage in manipulierten Metallpaletten gelagert werden. Um das kostbare Gut vor den Augen der Drogenfahnder zu tarnen, ließen sich die mutmaßlichen Drogendealer den Ermittlungen zufolge etwas Besonderes einfallen: Demnach sollten Bleiplatten den Stoff bei einer möglichen Röntgen-Kontrolle tarnen.

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Der mutmaßliche Deal platzte indes. Laut Anklage führte ein Streit im mexikanischen Dealer-Milieu dazu, dass das Kokain gestohlen wurde.

Kokain in Stahlträgern versteckt

Glaubt man der Anklage, ließ sich Oscar L. R. davon nicht abschrecken. Spätestens im Sommer vergangenen Jahres habe er sich jener Dealer-Bande angeschlossen, die er für die Abwicklung des letztlich gescheiterten mutmaßlichen Handels beauftragt haben soll. Dem 61-Jährigen sei die Rolle als „dauerhafter Lieferant“ zugedacht gewesen. Das erste Geschäft, so der Vorwurf der Anklage: ein Transport von mindestens 700 Kilogramm Kokain über eine Scheinfirma in Costa Rica nach Deutschland. Die Bande habe den Stoff erneut in fingierten Metallpaletten verstecken und zusätzlich mit Bleiplatten schützen wollen.

Doch auch dieses Geschäft kam nie zustande. Die Ermittler waren den mutmaßlichen Dealern längst auf der Spur. Im November vergangenen Jahres landeten vier von ihnen in Untersuchungshaft. Bei einem weiteren Beschuldigten fanden die Ermittler laut Anklage einen Prototypen für die Konstruktion der manipulierten Stahlträger. Im März dieses Jahres wurden auch Oscar L. R. festgenommen, auf dem Flughafen von Madrid. Später wurde er nach Deutschland ausgeliefert. Derzeit befindet er sich in Untersuchungshaft.

Die Verteidiger von Oscar L. R. wiesen die Vorwürfe der Anklage in einer zum Prozessauftakt verlesenen Erklärung zurück. Ihr Mandant habe weder mit Drogen gehandelt noch habe er über Drogen verfügt. Unstreitig sei, dass niemals Kokain geliefert worden sei. Die Anklage werfe ihrem Mandanten nur vor, dass darüber gesprochen worden sei. Doch selbst dieser Vorwurf sei unzutreffend. „Dieser Prozess wird ergeben, dass Herr R. unschuldig ist“, sagte der Verteidiger.

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Hunderte Ermittlungsverfahren

Mit einer schwierigen Beweisaufnahme rechnet offenbar auch das Gericht. Bis März nächsten Jahres sind zunächst 25 Verhandlungstage angesetzt. Eine besondere Bedeutung dürfte der Auswertung und Interpretation abgefangener Kommunikation zukommen. Denn Oscar L. R. und die mutmaßlichen weiteren Mitglieder der von der Staatsanwaltschaft aufgeführten Dealerbande sollen ihre angeblichen Geschäfte mithilfe einer speziellen verschlüsselten Kommunikation abgewickelt haben.

Anders als in vorherigen Prozessen handelt es sich dabei nicht um Handys des sogenannten Encrochat-Verfahrens, sondern um Kommunikation, die mithilfe des Messengerdienstes Sky ECC kryptiert wurde. Beide Verschlüsselungen galten als sicher. Kriminelle nutzten die Verfahren, um vermeintlich ungestört ihre Geschäfte abzuwickeln.

Französischen und niederländischen Ermittlern gelang es allerdings, die Kryptierungen zu entschlüsseln. Ermittler und Strafverfolger haben seitdem alle Hände voll zu tun. Drogen-Experten sprechen von einem Blick in die Welt der organisierten Kriminalität, die sie ohne die entschlüsselten Daten niemals hätten erlangen können.

Sichergestelltes Kokain auf der Spitze eines Taschenmessers

Sichergestelltes Kokain auf der Spitze eines Taschenmessers
Quelle: Marcus Brandt/dpa/Symbolbild

In dem aktuellen Verfahren dürfte es unter anderem darum gehen, inwiefern sich die entschlüsselten Sky-ECC-Chats Oscar L. R. zuordnen lassen. Die Verteidiger des mutmaßlichen Drogendealers behielten es sich zudem vor, die Verwertbarkeit der entschlüsselten Daten grundsätzlich in Zweifel zu ziehen. Zu der Sicherheitswarnung sagte einer der Verteidiger, das BKA habe die dadurch entstandene Atmosphäre nur deshalb „kreiert“, weil sein Mandant „in Kolumbien geboren wurde“. Dies habe zu einer „Mystifizierung“ seines Mandanten geführt. Ihr Mandant selbst werde sich am zweiten Verhandlungstag zu den Vorwürfen äußern.

Die mutmaßlichen Mitstreiter von Oscar L. R. müssen sich in einem weiteren Verfahren bereits seit August dieses Jahres in Berlin vor Gericht verantworten. Einer der Männer hat Recherchen dieser Zeitung zufolge eine bewegte Lebensgeschichte. Der mutmaßliche Dealer verdingte sich zu DDR-Zeiten als hochrangiger Stasi-Offizier.

Ungemütlich für Oscar L. R. könnte die Aussage eines weiteren mutmaßlichen Mitglieds der Dealer-Bande werden. Der Mann habe den Kolumbianer durch eine Aussage in dem im August eröffneten Parallelverfahren belastet, hieß es. Er soll daher in dem am Dienstag gestarteten Prozess als Zeuge gehört werden.

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Quelle: AFP, AFP/ AFP/ Saul Loeb

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