Beim Verabschieden an der Ausgangstür des neuen Firmengebäudes in Hamburg zeigt Felix Ahlers auf sein schwarzes Klapprad. Es regnet an diesem Dezembertag, das Fahrrad steht im Trockenen im Büroflur. Der Chef von Frosta wird damit später quer durch die Stadt nach Hause fahren.
„Mein Auto habe ich abgeschafft. Das Rad, der ÖPNV und die Bahn sind meine Verkehrsmittel“, sagt der Firmenchef und Miteigentümer. Umwelt- statt Statusbewusstsein will der 56-Jährige damit andeuten. Zumindest gilt der Vorsatz für Reisen im Inland, wenn Ahlers etwa den eigenen Gemüseanbau in Bobenheim-Roxheim bei Worms oder in Lommatzsch bei Meißen aufsucht. Angebaut wird dort nach dem Bioland-Standard.
Für den Hersteller von Tiefkühlkost ist die eigene Versorgung mit Agrarprodukten wie Erbsen, Tomaten oder Kräutern ein Stück weit Unabhängigkeit von Zulieferbetrieben. Einen ähnlichen Weg wie beim Gemüse will Frosta jetzt in der Energieversorgung gehen – vor allem wegen der aktuellen Probleme am Energiemarkt.
„Wir werden unsere Energie selbst erzeugen und dafür erneuerbare Energiequellen wie Wind, Sonne und Erdwärme nutzen“, sagt Ahlers WELT. Unterstützung vom Staat sieht Ahlers nur bedingt als sinnvoll an. „Subventionen lenken oft in die falsche Richtung. Hohe Energiekosten sollten besser als Anlass für Investitionen in das Energiesparen genommen werden“, sagt Ahlers.
Als ersten Schritt dorthin baut Frosta am Hauptwerk in Bremerhaven ein eigenes Windrad auf das Firmengelände. Bohrungen zur Nutzung der Erdwärme sind der nächste Teil des Weges. Investitionen in zweistelliger Millionen-Euro-Höhe sind vorgesehen.
„Diese Ausgaben müssen sich bei uns nicht in wenigen Jahren amortisieren“, sagt Ahlers. In dem Familienunternehmen könne das auch ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen. Frosta ist mit einem Minderheitsanteil an der Börse notiert. Die Mehrheit gehört der Familie des Gründers Dirk Ahlers und damit in Teilen dem Sohn Felix Ahlers.
Gerichte haben sich bei Edeka oder Rewe um etwa 30 Prozent verteuert
Wie bei allen Nahrungsmittelherstellern ist auch bei dem deutschen Branchenführer für Tiefkühlfertiggerichte Frosta die Kostensteigerung das dominante Thema des Jahres. Durch die Folgen des Ukraine-Krieges ist Energie für die die meisten Hersteller von Tiefkühlkost um etwa das Dreifache teurer geworden.
Rohstoffe aus der Landwirtschaft haben sich im Einkauf teilweise ähnlich verteuert. Logistik und Verpackungen kommen als Kostentreiber hinzu. Doch die Unternehmen schaffen es nach Aussage des Deutschen Tiefkühlinstituts weitgehend, dies über Preiserhöhungen im Lebensmitteleinzelhandel auszugleichen.
Die Branche wird nach diesen Angaben im laufenden Jahr rund 16 Milliarden Euro Umsatz und damit ein Plus gegenüber dem Vorjahr erreichen. Etwa die Hälfte davon betrifft den Einzelhandel, der Rest bezieht sich auf das Geschäft mit der Gastronomie, in Kantinen oder Krankenhäusern.
Von zwölf Millionen Euro im Jahr 2021 hat sich der Aufwand für Energie bei Frosta im laufenden Jahr auf rund 30 Millionen Euro fast verdreifacht. Die Energiekosten haben in der Herstellung der Fertiggerichte oder des Tiefkühlgemüses einen Anteil von fünf Prozent.
Rund 60 Prozent entfallen auf Rohwaren und Zutaten wie Fisch, Fleisch oder Gemüse. Auch dort gibt es rasante Verteuerungen. „Alaska Seelachs zum Beispiel hat sich in diesem Jahr im Einkaufspreis verdoppelt“, sagt Ahlers. In seinen zwei Jahrzehnten als Frosta-Chef hat der gelernte Koch Ahlers eine derartige Entwicklung nach eigener Aussage nicht erlebt.
Als Reaktion darauf hat das Unternehmen die Preise für den Lebensmitteleinzelhandel im laufenden Jahr dreimal erhöht. Die typischen Pfannengerichte aus dem Beutel haben sich dadurch bei Supermarktketten wie Edeka oder Rewe um etwa 30 Prozent verteuert.
Ähnliches gilt auch für die eigenen Fischstäbchen. „Wir haben uns mit dem Einzelhandel weitgehend geeinigt. Jedenfalls sind wir durch die Preiserhöhungen nicht aus den Tiefkühltruhen herausgeflogen“, sagt Ahlers. Auch sei bislang der Absatz nicht gesunken. Rund die Hälfte des Umsatzes von erwarteten rund 500 Millionen Euro macht Frosta mit der eigenen Marke, der Rest sind Handelsmarken für Discounter oder Supermarktketten wie Edeka oder Rewe.
Nach der Interpretation profitiert Frosta von dem Trend, dass sich die Menschen hierzulande öfter das Essen selbst zubereiten, anstatt ins Restaurant zu gehen. Vor zwei Jahrzehnten hat sich Frosta ein sogenanntes Reinheitsgebot auferlegt, verzichtet bei allen Produkten auf Zusatzstoffe und gibt die Herkunft der Zutaten auf jeder Packung an.
Seither bemüht sich Familienunternehmer Ahlers, etwa im Bundeslandwirtschaftsministerium entsprechende Vorschriften zur Kennzeichnung von Aromen oder Zusatzstoffen auf den Packungen durchzusetzen – bislang nach eigener Aussage ohne bahnbrechenden Erfolg.
Mehr noch als weitere Kostensteigerungen fürchtet der Frosta-Chef die Folgen des Klimawandels auch für sein Geschäft. „Ich habe die größte Sorge davor, dass sich durch Trockenheit und höhere Temperaturen die Erntesituation verändern und es zu Ernteausfällen kommen wird“, sagt Ahlers.
Seine Beobachtung bezieht sich dabei nicht allein auf Europa. Der Unternehmer betreibt privat noch eine Kaffee-Firma, die in Äthiopien Kaffeebohnen anbaut, daraus einen eigenen Espresso produziert und ihn als fertiges Produkt etwa in den deutschen Einzelhandel bringt.
Als aktuellen Trend bei den Produkten sieht Frosta derzeit die vegetarische und vegane Ernährung, aktuell nach Rezepturen aus südkoreanischen Straßenküchen. Bei einigen Fertiggerichten arbeitet der Hersteller mit einem Fleischersatz aus Hülsenfrüchten wie Erbsen. Die Tiefkühlbeutel wie Hühnerfrikassee, Bami Goreng oder das Schlemmer-Fischfilet werden seitdem auch als vegane Variante angeboten.
Auch der Konkurrent Iglo, der zu Nomad Foods mit Sitz auf der britischen Jungferninsel Tortola gehört, beklagt Kostensteigerungen bei Energie, Rohwaren sowie Verpackungen. Dies habe zu „wesentlichen temporären Margeneinbußen“ geführt, heißt es in dem Unternehmen.
In der Kategorie Fisch hätten sich die gestiegenen Kosten besonders bemerkbar gemacht. Preissteigerungen konnten „nur mit einer sehr großen zeitlichen Verzögerung“ in den Markt gegeben werden. „Iglo erwartet, dass dies auch in 2023 bestehen bleibt“, sagt ein Firmensprecher.
Den größten Wachstumstreiber sieht Iglo im „pflanzlichen Segment“. So sei die eigene vegane Marke Green Cuisine in Deutschland mit einem Marktanteil von rund 60 Prozent bereits zwei Jahre nach dem Start im Einzelhandel Marktführer in der Tiefkühltruhe. Iglo bezieht sich dabei auf Daten der Medienforschungsgesellschaft Nielsen.
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