Die dritte Minute der Nachspielzeit in der Verlängerung: Eintracht Frankfurts Randal Kolo Muani hat den Gipfel der Gefühle auf dem Fuß, das Tor zum WM-Titel, die Entscheidung in einem epochalen Finale. Der Schuss des französischen Stürmers ist stramm, Emiliano Martinez muss noch einmal seine ganze Klasse zeigen. Argentiniens Schlussmann macht sich breit und fährt rechtzeitig den linken Fuß aus. Er hält die Albiceleste im Spiel. Es ist eine Szene, nach der es keine weitere Begründung braucht, warum Emiliano Martinez nach Argentiniens Krönung (4:2 im Elfmeterschießen) als bester Torwart des Turniers ausgezeichnet wurde. Sportlich gibt es an ihm nichts auszusetzen.
Und doch polarisierte der Keeper von Aston Villa im Moment des größten Erfolges mit einer obszönen Geste. Seinen Einzelpokal, den goldenen Handschuh, führte er auf dem Podest der Siegerehrung auffällig vor seinen Unterleib. Nun hat er den bizarren Jubel begründet. „Ich habe es getan, weil mich die Franzosen ausgebuht haben. Ich kann mit deren Arroganz nichts anfangen“, sagte Martinez dem argentinischen TV-Sender TyC Sports.
An gesundem Selbstbewusstsein mangelt es dem Schlussmann selbst aber auch nicht. Nach dem gehaltenen Elfmeter von Kingsley Coman und dem verschossenen von Aurélien Tchouaméni führte Martinez kleine Tänzchen auf. Vor dem Strafstoß von Tchouaméni hatte er den Ball nicht an den Spieler von Real Madrid übergeben, sondern an ihm vorbei in Richtung Strafraumeck geworfen – ein Psycho-Trick mit großer Wirkung.
Eine Schweigeminute für Mbappé
Und bei den Feierlichkeiten der Argentinier in der Kabine glänzte Martinez ebenfalls nicht als besonders fairer Gewinner. Nachdem in einem Lied eine Schweigeminute gefordert wurde und alle Spieler kurz innegehalten hatten, sprach der Torwart, mittlerweile im extra angefertigten Weltmeister-Shirt gekleidet, in die Stille: „Für Mbappé, der gestorben ist.“ Frankreichs Superstar war mit drei Treffern und einem verwandelten Elfmeter der tragische Held des Endspiels. Ein Video des Gesangs ging in den sozialen Medien viral.
Schon vor Anpfiff hatten sich Martinez und Mbappé ein Verbalgefecht geliefert. Der französische Stürmer hatte den Fußball in Südamerika als „nicht so weit fortgeschritten“ bezeichnet, Martinez warf Mbappé daraufhin vor, „nicht genug über Fußball zu wissen, er hat noch nie in Südamerika gespielt“.
Auf dem Rasen tröstete Martinez den besten Torschützen des WM-Turniers dann aber immerhin als einer der Ersten. Ein paar Stunden später schien das wieder vergessen.