Die Anwürfe sind massiv. Norwegens Nationaltrainer Stale Solbakken hat Arsène Wenger scharf wegen dessen Engagement für den Fußball-Weltverband Fifa kritisiert. „Es schaudert mich zu sehen, dass der intelligenteste Mann der Welt, Arsène Wenger, zu dem all die Jahre aufgeschaut wurde, irgendwie einer Gehirnwäsche unterzogen wurde und dass er jetzt die dümmsten Aussagen macht“, sagte der frühere Bundesligatrainer des 1. FC Köln dem norwegischen TV-Sender TV2.
Solbakken wirft Wenger vor allem vor, die umstrittene Weltmeisterschaft in Katar sowie Pläne für einen neuen WM-Rhythmus alle zwei Jahre zu unterstützen. „Es ist beängstigend mit all den Leuten, zu denen wir in der Fußballwelt jahrelang aufgeschaut haben“, sagte der Norweger, „es findet gerade eine Polarisierung statt. Und ich habe Angst, dass die immer schlimmer wird.“
Das steht tatsächlich zu befürchten, und Wenger könnte einer der Schrittmacher dieser unheilvollen Entwicklung werden. Der Franzose leitet bei der Fifa den Bereich „Globale Fußballentwicklung“, das macht er seit Ende 2019. Dies ist seinem einst guten Ruf nicht unbedingt förderlich, das ist nicht mehr zu leugnen.
Wengers Weg in die Fifa
Der 73 Jahre alte Franzose war einst ein Startrainer, beim FC Arsenal leuchtete sein Stern jahrzehntelang am hellsten. Sie nannten ihn den „Professor“, weil Wenger so klug und gebildet den Fußball vermitteln konnte und spielen ließ. 2018 war dann beim englischen Klub Schluss, ein Jahr später ging er auf das Fifa-Angebot ein.
Er machte zunächst mit sachdienlichen Änderungsvorschlägen auf sich aufmerksam, etwa mit dem von ihm ersonnenen „Einkicks“. Die fußten darauf, dass es seiner Ansicht nach zwei große Zeitfresser im Spiel gibt: Einwürfe und Freistöße. Sein Ziel war es, das Spiel spektakulärer und schneller zu machen. Einkicks „mit einem Zeitlimit von zum Beispiel fünf Sekunden“ so skizzierte es Wenger mal, könnten dazu beitragen.
Eiskalte Franzosen beenden Marokkos WM-Märchen im Halbfinale – Die Highlights im Video
Frankreich zieht gegen leidenschaftlich kämpfende Marokkaner erneut ins WM-Finale ein. Trotz Hernandez‘ frühem Führungstor muss der Titelverteidiger lange zittern. Frankfurts Joker-Held Kolo Muani erlöst die Franzosen. Die Highlights im Video.
Quelle: ZDF
Suspekt wurde es aber alsbald, als Wenger dann auf die Idee kam, dass die Fußball-WM doch an sich alle zwei Jahre ausgetragen werden sollte. Sein Tenor: Die Welt würde danach hungern. Oder die Fifa danach dürsten? Zumindest wurde da erstmals ansatzweise erkennbar, dass Wengers neues Wirken vielleicht nicht ganz so sachdienlich, sondern in erster Linie der Fifa dienlich ist, was sich in jüngster Vergangenheit noch einmal mehr oder minder bestätigte.
Wohlfeile Lobrede über den Gastgeber
Die deutsche Mannschaft war überraschend schon nach der Gruppenphase aus der WM ausgeschieden und neben einem respektablen Unentschieden gegen Spanien blieb von dem Team in erster Linie in Erinnerung, dass es in eine heillose Protestaktion mit einer „One Love“-Kapitänsbinde verstrickt war, die dann kurz vor dem ersten Gruppenspiel gegen Japan auf Druck der Fifa kleinlaut eingemottet werden musste. Die Startelf des DFB hielt sich dann beim obligatorischen Mannschaftsfoto vor dem Anpfiff den Mund zu, als provisorische Protestaktion war das gedacht. Das Auftaktspiel gegen Japan ging dann noch zu allem Übel verloren. Es war der Anfang vom Ende des deutschen WM-Traumes.
Und Wenger? Der feuerte später eine Spitze ab, die seinem Chef Gianni Infantino gefallen haben dürfte. Er dozierte am Rande der WM bei einem Briefing der Technical Study Group, einer Fifa-Gruppe, die sportliche Trends bei der WM beobachtet, erst über Torhüter als Feldspieler, über Laufstrecken und die Bedeutung von Flügelstürmern. Und in all diesem taktischen Allerlei platzierte Wenger dann die verbale Spitze: Nach einer wohlfeilen Lobrede über den Gastgeber behauptetet er, dass zum Auftakt des Turniers vor allem die Teams erfolgreich gewesen seien, die „nicht auf politische Demonstrationen fokussiert“ waren.
Natürlich war damit nicht zuletzt die deutsche Mannschaft gemeint. Der Fifa dürfte es gefallen haben – Wenger handelte ganz in ihrem Geiste.