Friday, April 26, 2024

Diskriminierung: Ab diesem Alter gelten Sie in Deutschland als alt

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Ab wann gelten Menschen in unserer Gesellschaft als alt? Wer sich diese Frage schon einmal bangen Herzens gestellt hat, hat am Donnerstag eine Antwort bekommen. Ab 61 Jahren. Das ist der Durchschnittswert, der in einer repräsentativen Umfrage für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ermittelt wurde.

Je jünger die Befragten, desto eher ist die Grenzschwelle überschritten. Für die 16- bis 24-Jährigen gilt man schon mit 57 Jahren als alt, mit steigendem Lebensalter verschiebt sich auch die empfundene Altersgrenze nach oben. Das aber ändert nichts daran, dass Menschen in Deutschland viel zu früh als alt angesehen werden. Und mit dem „alten weißen Mann“ existiert auch noch das passende und breit reproduzierte Feindbild: Der privilegierte, verbohrte, geistig festgefahrene alte Kerl.

Quelle: Infografik WELT

Ferda Ataman, die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, ist bei der Bewertung dieses Kampfbegriffs zwar etwas vorsichtiger. „Rein deskriptiv“ sei der Begriff „alter weißer Mann“ ursprünglich einmal gewesen. „Ich kann aber nicht ausschließen, dass er auch in einem diskriminierenden Kontext verwendet wird.“ Gegen Benachteiligung aufgrund des Alters jedenfalls will Ataman vorgehen.

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Ferda Ataman, Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung

Benachteiligung wegen Alter

Die von ihr vorgelegte Studie „Ageismus: Altersbilder und Altersdiskriminierung in Deutschland“ zeigt, wie nötig das ist. Denn negative Stereotype und fragwürdige Rollenklischees gegenüber älteren Menschen sind weitverbreitet. Das fange schon damit an, dass drei Viertel der Befragten den prozentualen Anteil von Menschen über 70 Jahren an der Gesamtbevölkerung deutlich überschätzten, sagte die Alterforscherin Eva-Marie Kessler, die die Studie mit erstellt hat. „Dadurch entsteht der Eindruck einer demografischen Übermacht.“ Tatsächlich liegt der Anteil bei 18,2 Prozent.

Ataman: „menschenrechtlich ein Problem“

Dieser Eindruck spiegelt sich auch in der Einschätzung der politischen und gesellschaftlichen Macht älterer Menschen. 80 Prozent der 16- bis 24-Jährigen und über 60 Prozent der 25- bis 44-Jährigen sind der Ansicht, dass alte Menschen mehr politischen Einfluss hätten als junge. Erst danach pendelt sich das Verhältnis aus.

„Bei einem beachtlichen Teil der Befragten dominiert die Vorstellung der alten Generation als Verhinderer notwendiger gesellschaftlicher und politischer Veränderungen bei gleichzeitiger starker politischer Machtkonzentration“, heißt es dazu in der Studie. 53 Prozent sind der Meinung, dass alte Menschen nicht entscheidend zum gesellschaftlichen Fortschritt beitrügen.

40 Prozent finden, dass junge Menschen bei der Bewältigung des Klimawandels im Stich gelassen würden – unter den ganz Jungen sind sogar 63 Prozent dieser Meinung. Und immerhin ein Drittel fordert generell, dass alte Menschen „Platz machen“ sollten für die jüngere Generation, indem sie wichtige berufliche und gesellschaftliche Rollen aufgeben.

„Bei jeder anderen gesellschaftlichen Gruppe würde es angesichts solcher Ergebnisse zu Recht einen gesellschaftlichen Aufschrei geben“, sagte Ataman. „Wenn die Daseinsberechtigung von Menschen über ihren Nutzen für die Allgemeinheit definiert wird, ist das menschenrechtlich ein Problem.“ Als Bezeichnung für Vorurteile und Pauschalaussagen gegenüber älteren Menschen führte sie den Begriff „Ageismus“ ein. „Ageismus führt im Alltag und Berufsleben oftmals zu Diskriminierungen. Gerade mit Blick auf den demografischen Wandel ist es wichtig, dass wir hier stärker aufklären.“

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Generationskonflikt

Bei der genauen Tiefenbohrung, welche Altersbilder es in der Gesellschaft gibt, zeigte sich allerdings ein ambivalentes Bild. Zwar war die Mehrheit der Befragten der Meinung, dass alte Menschen durch gesundheitliche Probleme eingeschränkt, einsam und wenig veränderungsbereit seien. Umgekehrt aber preisen drei Viertel der Befragten das Alter als eine Phase der Gelassenheit und Weisheit.

„Es ist wichtig, dass wir dem kulturell tief verankerten defizitorientierten Altersbild ein potenzialorientiertes entgegensetzen“, sagte Kessler. Immerhin: Hoffnung besteht. Denn wenn die Menschen gefragt werden, wo für sie persönlich das Alter anfängt, ergibt sich ein Durchschnittswert von 69 Jahren – acht Jahre über der gefühlten gesellschaftlichen Altersgrenze. Mit der Interpretation dieses Befundes tat sich Kessler allerdings schwer. Möglicherweise handele es sich dabei um den psychologischen Versuch, den eigenen Eintritt ins Alter so weit wie möglich in die Zukunft zu verschieben. Alt sind eben immer nur die anderen.

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