US-Präsident Joe Biden hat der Ukraine am Rande des G7-Gipfels Hoffnung gemacht, dass sie bald die eigene Luftverteidigung durch weitere Patriot-Systeme aus dem Ausland verstärken kann. Es gebe von fünf Ländern Zusagen für Patriot-Batterien und andere Luftverteidigungssysteme, sagte Biden bei einer Pressekonferenz im süditalienischen Fasano.
Die USA hätten zudem Ländern, denen sie solche Systeme zugesagt hatten, mitgeteilt, dass sie noch warten müssten. „Alles, was wir haben, wird an die Ukraine gehen, bis ihr Bedarf gedeckt ist“, sagte Biden. Dann würden die USA die Verpflichtungen, die sie gegenüber anderen Ländern eingegangen seien, einlösen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, die Partner wüssten, dass die Ukraine mindestens sieben solcher Systeme brauche. „Wir haben die Möglichkeit erörtert, fünf davon zu bekommen, das ist wahr, und die Partner arbeiten daran“, sagte er. Sie seien nicht direkt morgen zu erwarten, aber doch in naher Zukunft. Biden sagte: „Sie werden relativ schnell welche bekommen.“
Das Patriot-Flugabwehrraketensystem zählt zu den modernsten der Welt. Mit ihm können feindliche Flugzeuge, ballistische Raketen und Marschflugkörper bekämpft werden. Die westlichen Verbündeten der Ukraine versuchen derzeit, weitere Patriot-Systeme für das angegriffene Land zu organisieren. Deutschland hat bereits ein weiteres zugesagt. Es wird zudem erwartet, dass die USA in den kommenden Tagen auch noch eines zusagen könnten.
Die USA und die Ukraine schließen zudem ein Sicherheitsabkommen mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Die Amerikaner sagen Kiew darin unter anderem weitere militärische Unterstützung, Kooperation mit Blick auf die Rüstungsindustrie und den Austausch von Geheimdienstinformationen zu.
Mit dem Abkommen sichern die Vereinigten Staaten weitere Hilfe gegen den Angriffskrieg Russlands und potenzielle künftige Attacken zu, ohne jedoch Sicherheitsgarantien zu geben. Die USA wollen dem Partnerland außerdem helfen, fit zu werden für eine Nato-Mitgliedschaft.
Das Abkommen regelt in groben Zügen eine Kooperation beider Länder auf unterschiedlichen Ebenen, auch mit Blick auf militärische Ausrüstung, Trainings und Manöver. Zugleich wird die Ukraine zu verschiedenen Reformen aufgerufen: etwa im Bereich Justiz, Strafverfolgung und bei der Bekämpfung von Korruption, aber auch bei den militärischen Fähigkeiten und Strukturen, um perspektivisch Standards der Nato zu erreichen.
„Die Vereinigten Staaten bekräftigen, dass die Zukunft der Ukraine in der Nato liegt“, heißt es in dem Dokument, das die US-Regierung veröffentlichte. Klar ist damit aber auch, dass es für die Ukraine aus Sicht der USA noch ein weiter Weg bis in das Militärbündnis ist.
Zusagen zum Einsatz amerikanischer Streitkräfte zur Verteidigung der Ukraine enthält das Abkommen erwartungsgemäß nicht. Biden hat dies stets kategorisch ausgeschlossen – trotz aktueller Appelle des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, Militärausbilder dorthin zu senden. Vielmehr geht es der US-Regierung nach eigenen Angaben darum, die Ukraine weiterhin in die Lage zu versetzen, sich selbst zu verteidigen. Die Vereinbarung macht auch keine Zusagen zur Lieferung bestimmter Waffensysteme.
Die US-Regierung wertete das Abkommen mit Kiew als Botschaft an Moskau: dass sie sich zur anhaltenden und längerfristigen Unterstützung der Ukraine bekenne.
Die Ukraine hat bereits bilaterale Sicherheitsabkommen mit mehreren Staaten geschlossen – darunter mit Deutschland im Februar. Laut dem Nationalen Sicherheitsberater von US-Präsident Biden, Jake Sullivan, hätten insgesamt 15 Länder bereits entsprechende Vereinbarungen unterschrieben.
Die Ukraine bekommt für ihren Abwehrkampf gegen Russland auch ein neues riesiges Unterstützungspaket der Gruppe der führenden demokratischen Industrienationen (G 7). Unterhändler der Staats- und Regierungschefs der G 7 verständigten sich vor Beginn des Gipfels darauf, mithilfe von Zinsen aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen ein Kreditpaket im Umfang von etwa 50 Milliarden US-Dollar (etwa 47 Mrd. Euro) zu finanzieren.
Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete die Verständigung der G-7-Staaten am frühen Abend als „historischen Schritt“. Damit sei klar, dass sich die Ukraine die nötigen Waffen beschaffen und den Wiederaufbau finanzieren könne, sagte Scholz am Rande des Gipfels. Es sei ein Zeichen an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, dass er den Krieg nicht aussitzen könne.
In der EU und in anderen Ländern sind seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im großen Umfang russische Zentralbankgelder eingefroren. Der größte Teil befindet sich innerhalb der Europäischen Union: nach Kommissionsangaben rund 210 Milliarden Euro. Das festgesetzte Geld Russlands wirft jährlich Zinserträge in Milliardenhöhe ab.
Der russische Angriffskrieg ist eines der zentralen Themen beim dreitägigen Gipfel im Luxushotel „Borgo Egnazia“ in Apulien. Auch der Gaza-Krieg, die schwierigen Handelsbeziehungen zu China und die Migration stehen auf der Tagesordnung. Neben Selenskyj und anderen ist auch erstmals der Papst zur Gipfelrunde eingeladen. Das Oberhaupt der katholischen Kirche soll über das Thema Künstliche Intelligenz sprechen. Um die 5000 Sicherheitskräfte sind im Einsatz.
Zur Gruppe der Sieben gehören die USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien, das dieses Jahr Gastgeber ist und den Vorsitz hat. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist am Vormittag in Italien eingetroffen.
Die USA verhängten pünktlich zum G-7-Gipfel neue Sanktionen gegen Unterstützer des russischen Krieges – darunter chinesische Firmen. Mit der Verkündung neuer Sanktionen hatte die US-Regierung auch im vergangenen Jahr den G-7-Gipfel in Japan eingeläutet, um Moskau den Zugang zu Gütern zu erschweren, die auf dem Schlachtfeld wichtig sind. Das neue Paket richtet sich gegen mehr als 300 Personen und Einrichtungen.
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni begrüßt ihre Gäste in dem Luxus-Resort „Borgo Egnazia“, das 28 Villen sowie 63 Suiten oder Zimmer in traditionell apulischem Stil unterhält. Hier verbrachten Popstars ihren Urlaub. Pop-Ikone Madonna war bereits dreimal in „Borgo Egnazia“ und feierte dort ihren Geburtstag. 2012 heiratete dort US-Sänger Justin Timberlake Schauspielerin Jessica Biel, mit 80 Gästen und mit einem geschätzten Budget von mehreren Millionen Euro.