Saturday, April 20, 2024

Martin Fenin: „Die ersten drei, vier Monate lag ich nur auf dem Sofa und hab gesoffen“

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Ein altes, ziemlich heruntergekommenes Gebäude im Industriegebiet nahe der O2-Arena in Prag. Im Erdgeschoss ein Online-Shop für Hundenahrung und -bedarf, darüber ein Sportstudio. Wer die Tür öffnet, bekommt erst mal etwas auf Nase und Ohren: intensiver Schweißgeruch, hämmernde Rap- und Disco-Beats, unterdrücktes Gestöhne und Geschnaufe, weil zwölf Erwachsene auf Sandsäcke einprügeln, die am Boden liegen. Willkommen im „Gorilla Gym“, dem Mekka des MMA („Mixed Martial Arts“) in Prag. Hier bringen sich brave Familienväter und Schüler genauso in Form wie knallharte Kampfsportler, die bereits zahlreiche Käfigkämpfe gewonnen haben. Und mittendrin – Martin Fenin (35).

Seit knapp drei Monaten gehört der ehemalige Bundesliga-Stürmer, der u. a. für Frankfurt und Cottbus auf Torejagd ging und die Eintracht 2010 zum Last-Minute-Sieg gegen die Bayern (2:1) schoss, zur MMA-Szene. Bereitet sich gewissenhaft auf seinen ersten Kampf vor. Der Termin: 6. Juni.

Der Grund: eine PR-Aktion von Oktagon, der größten MMA-Organisation in Europa, um den Sport in Deutschland bekannter zu machen. Der Titel dieser Aktion, die in einem Doku-Film festgehalten wird: „Last goal of Martin Fenin“.

Fenins Frau animierte ihn zum Kämpfen

Der Ort: Frankfurt. Die Stadt, in der Fenin außerhalb seiner Heimat die beste Zeit als Profi hatte. In der er immer noch erkannt und gefeiert wird. Der Tscheche erzählt: „Als ich gefragt wurde, ob ich mir vorstellen kann zu kämpfen, habe ich gesagt: ‚Seid ihr verrückt? Ich steig’ doch nicht in einen Käfig.‘ Für mich war MMA Gewalt. Nur Menschen, die krank sind und auf sich eindreschen.“

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Martin Fenin: Als ich meiner Frau von der Idee erzählt habe, sagte sie: „Du bist ein Idiot, wenn du da nicht mitmachst. Seit drei Jahren machst du keinen Sport mehr, treibst dich nur herum. Jetzt gib mal Gas, und schau, was rauskommt.“ Allerdings hat sie angedeutet, dass sie nicht glaubt, dass ich es schaffe.

Frage: Also treibt Sie der Ehrgeiz an, es Ihrer Frau zu zeigen?

Fenin: Es ist definitiv ein Anreiz, ja. Aber auch das Gefühl, plötzlich wieder ein Ziel zu haben und in der Öffentlichkeit zu stehen.

Frage: Wie kam Oktagon überhaupt auf Sie?

Fenin: Auch wenn es kurios klingt, war die Schlägerei, in die ich im April 2022 nach dem Eintracht-Sieg in Barcelona geraten bin, für sie der Anlass, denn sie haben mich ein paar Wochen danach angerufen. Das Projekt hat schon einen Rocky-Charakter – von ganz unten wieder nach oben …

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„Auf, Martin, nicht reden, trainieren.“ Höflich, aber bestimmt bittet Josef Kral (41) seinen Schützling zur Arbeit auf die Matte. Der Ex-Europameister und tschechische Nationaltrainer, ein Kraft-Würfel, schleift Fenin in Privatstunden. Möchte aus dem Ex-Profi mit leichtem Bäuchlein einen Kämpfer machen. Sieben- bis achtmal pro Woche trainiert Fenin. Jeden Vormittag eine Privatstunde mit Kral, zusätzlich am Montag- und Donnerstagabend Gruppentraining. Nur mittwochs hat er frei, weil seine Frau Beata – eine Ex-Polizistin – arbeitet und er sich um die kleine Tochter kümmert.

2019 zog Fenin die Reißleine

Als Fenin anfing, im Oktober, wog er rund 95 Kilogramm. Viel leichter ist er jetzt auch nicht, allerdings mit weniger Speck, dafür mehr Muskeln. Um das ideale Kampfgewicht von 86 Kilo zu erreichen, muss er drei Wochen vor dem Fight abspecken – ähnlich wie ein Boxer.

Fenins Leben hat Struktur: aufstehen, trainieren, dann Massage und Reha, dazu PR-Termine. Die täglich fünf Mahlzeiten, genau auf seine Bedürfnisse abgestimmt, werden geliefert. Endlich wieder ein geregelter Ablauf, erstmals seit dem Karriereende im Januar 2018. „Die ersten zwei Jahre danach waren nicht schön“, gesteht der Ex-Nationalspieler.

Frage: Wieso?

Fenin: Ich war nur auf Partys und hab gefeiert. Das lag vor allem daran, dass der Druck weg war. Viele haben mich gewarnt: „Martin, du gehst Richtung Hölle!“ – und ich wusste, dass es nicht gut war. Aber ich war glücklich, musste mich nicht mehr rechtfertigen, war frei.

Frage: Das typische Loch nach dem Karriereende?

Fenin: Genau! Das einzig Coole war: Ich habe Geld und damit keinen Druck, etwas verdienen zu müssen. Doch ich war plötzlich alleine, wusste nichts mit mir anzufangen. Die ersten drei, vier Monate war ich gar nicht mehr draußen, lag nur auf dem Sofa und hab gesoffen. Danach gab es immer Wellen, mal mehr, mal weniger. Bis ich im November 2019 die Reißleine gezogen habe.

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Frage: Was ist passiert?

Fenin: Ich musste wegen einer Bauchspeicheldrüsen-Entzündung ins Krankenhaus, das sah echt übel aus. Danach habe ich mir gesagt: „So geht es nicht weiter.“ Ich fing wieder mit ein bisschen Sport an, hab beruflich mal dies, mal das probiert. Aber nichts hat so wirklich funktioniert, was an mir lag. Ich habe mich hängen lassen. Doch diese Zeiten sind jetzt vorbei.

Fenin sitzt nach dem Training im Restaurant-Boot „Marina Ristaurante“ auf der Moldau und rührt nachdenklich im Cappuccino. Gerade hat er erzählt, dass er ein Buch über seine Karriere und sein Leben schreibt. Der Titel: „Die Wahrheit“. Er möchte aufräumen mit den Dauer-Schlagzeilen über Alkohol, Depressionen, Tabletten. Aber er wird gleichzeitig ehrlich über alle Höhen und Tiefen sprechen.

„Google Martin Fenin, und es kommt sofort das Negative. Ja, es ist viel passiert, und ich habe viel Mist gebaut. Aber mein Leben besteht nicht nur daraus. Nur darauf reduziert zu werden, ärgert mich brutal. Es klingt blöd, aber manchmal bin ich stolz, sagen zu können: ‚Ich habe das Ganze so lange ausgehalten.‘“

Vor allem in Tschechien verspürt er diesen Druck. Er hat das Gefühl, jeder wartet nur auf das nächste Fenin-Fettnäpfchen. Deshalb ist er abends auch nicht mehr unterwegs. Er befürchtet, dass er ständig provoziert wird, weil sich jeder mit ihm prügeln möchte. Zumal jetzt, wo er sich auf den MMA-Kampf vorbereitet.

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„The last goal of Martin Fenin“. Das ist seine Mission. Er wird ein-, höchstens zweimal in den Käfig steigen. Alleine mit einem Gegner, beobachtet von mehreren Tausend Menschen. Klar, er hat ein wenig Bammel, doch er ist überzeugt, den Kampf zu gewinnen.

Fenin: „Ich will allen zeigen: Ich bin kein Problemfall mehr, sondern wieder da. Ich bin ein Mensch, der etwas erreicht hat. Dann habe ich nicht länger diesen Negativ-Stempel, und die Leute ziehen den Hut vor mir. Und ich kann mit erhobenem Kopf herumlaufen und bin wieder im Spiel.“

Der Text wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) geschrieben und zuerst in SPORT BILD veröffentlicht.

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