In der Krise zeigt sich der Charakter. So hatte es Altkanzler Helmut Schmidt in den 1960er-Jahren formuliert, als auf die Sturmflut in Hamburg eine Welle der Hilfsbereitschaft folgte. Seine Gültigkeit scheint der Satz bis heute nicht verloren zu haben:
Die Spendenbereitschaft der Deutschen ist so groß wie nie zuvor. Und das, obwohl viele Bürger derzeit selbst mit den steigenden Preisen zu kämpfen haben.
Es dürfte gar ein Rekordjahr werden für die Hilfsorganisationen im Land. „Nachdem im vergangenen Jahr mit Geldspenden von 12,9 Milliarden Euro in Deutschland eine neue Höchstmarke erzielt wurde, könnte das Spendenaufkommen 2022 trotz aller Unsicherheiten erneut wachsen“, sagt Burkhard Wilke, Geschäftsführer des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI).
„Dazu trägt allein die vor allem in der ersten Jahreshälfte sehr große Spendenbereitschaft für die vom Krieg in der Ukraine betroffenen Menschen bei.“
Gleichzeitig ist das Vertrauen der Bevölkerung gegenüber Hilfsorganisationen gering: Nur 15 Prozent der Deutschen spenden, weil sie sich einer Institution verbunden fühlen. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Marktforschungsinstituts YouGov hervor.
Von den meisten bekannten Wohltätigkeitsorganisationen hat außerdem nur eine Minderheit der Befragten einen „positiven Eindruck“. Kein Wunder, schließlich werden regelmäßig Skandale bekannt.
Experten raten bei der Wahl der Organisation dazu, auf Gütesiegel zu achten – etwa vom DZI. In einer Online-Datenbank veröffentlicht das Institut seine zertifizierten Organisationen. Wer mit dem Label werben will, muss sich zur Einhaltung verschiedener Qualitätsstandards verpflichten, etwa zur Mittelverwendung und Transparenz, aber auch zur Öffentlichkeitsarbeit.
Solche Siegel sind auch deshalb wichtig, weil die Gesetzeslage es den Betrügern oft besonders leicht macht. Die meisten Bundesländer haben in den vergangenen Jahren sogenannte Sammlungsgesetze abgeschafft.
Diese haben Sammler dazu verpflichtet, gegenüber der zuständigen Behörde die Verwendung für den Sammlungszweck nachzuweisen. Zu groß der Verwaltungsaufwand, zu strikt die Vorgaben, so das Argument der Länder.
Spenden lässt sich aber längst nicht mehr nur an Organisationen direkt. Auch Internetportale wie „Betterplace“ oder „Gofundme“ versprechen, kleine Beträge von Hilfsbereiten zu verteilen. Stiftung Warentest hat die Plattformen kürzlich getestet. Ihr Fazit fällt ernüchternd aus: Einen Mehrwert sehen die Tester nicht.
„Eine Spende über eine Plattform geht zwar schnell und unkompliziert“, heißt es im Urteil. Da die Portale aber meist Gebühren abzwacken, komme mehr Geld bei einer Organisation an, wenn Spender direkt dorthin überweisen.
Doch auch hierbei sollten Helfer Folgendes beachten: Zahlungen bis 150 Euro sollte man möglichst nicht auf verschiedene Organisationen verteilen. Denn jede Spende verursacht Verwaltungskosten, die den Spendenbetrag schmälern, heißt es von der Stiftung Warentest.
Daneben raten die Tester von Spontanspenden ab: „Seriöse Organisationen, die an der Haustür um Spenden werben, drängen niemals zur sofortigen Unterschrift.“
Und zuletzt sollten Helfer nicht vergessen, eine Spendenquittung zu verlangen – zumindest bei Beträgen von mehr als 300 Euro. Schließlich sind bis zu 20 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte als Spende steuerlich absetzbar.
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