Thursday, March 28, 2024

Sisi auf RTL, Netflix und im Kino: Der Kult geht weiter

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Nun reitet sie also wieder für die Ehre Österreichs und die Unterhaltungssucht der Deutschen, als Fackelträgerin des Kaiserinnenkitsches und Gallionsfigur für Blümchensex zwischen Spitzenbettlaken und unter Stuckdecken. Sisi ist wieder da, dabei war sie gerade 2022 überhaupt nicht weg.

Denn bis jetzt auf RTL+ (und ab 27. Dezember auch kostenfrei) die zweite Staffel der manierlichen Krönchen-Serie mit der seelenvollen Dominique Devenport als Österreichs k.u.k-Sweatheart und dem feschen Jannik Schümann als Kaiser Franz Joseph I. an den Start ging, hat sich im royalen Medienmarkt einiges getan. Sisi säuselt samtig in der Dauerschleife. Der pappige Kaiserschmarrn ist auf jedem nur denkbaren Kanal angerichtet.

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Netflix hat mit der sahnefetten „Kaiserin“ ebenfalls sechsfolgig auf dem Serienmarkt nachgelegt. Die Qualen der alternden Regentin schnürte der Kinofilm „Corsage“ der österreichische Regisseurin Marie Kreutzer auf. Und selbst die sonst so strenge Schriftstellerin Karen Duve ist der Elisabeth Amalie Eugenie, Herzogin in Bayern und späteren Kaiserin von Österreich-Ungarn verfallen. Dieser sich selbst am wenigsten schonenden Influencerin, Reiterin, unabhängigen, weil reichen royalen Frau und geschickt manipulierenden Imagebastlerin. Sie war ihr einen vielhundertseitigen Roman wert, den die hohe Literaturkritik beifällig aufnahm.

Immerhin schreiben sie Sisi jetzt alle korrekt mit einfachem „s“. So viel Authentizität ist inzwischen Pflicht angesichts einer Frau, die unter ihren vielen, mehr oder weniger fantasiebegabten Nachschöpfungen kaum noch zu ergründen ist. Seit ihrem Tod im Jahr 1898 durch eine italienische Anarchistenfeile bosselt und projiziert sich jeder sein eigenes schönes oder hässliches Frauenbild in Sisis Namen zusammen.

Kaiser Franz Joseph (Jannik Schümann, r.) und Sisi (Dominique Devenport)

Kaiser Franz Joseph (Jannik Schümann, r.) und Sisi (Dominique Devenport)
Quelle: Armands Virbulis/RTL

Und so geistert längst ein nicht mehr zu stoppender, kaum noch wirklich fasslicher Popanz herum aus Fitnessfee und Haarfetischistin, frigider Frau, Möchtegerndichterin und kaltherziger Gattin wie Mutter einerseits, vom bösen Hofprotokoll fertiggemachter schöner Seele, emanzipiertem, freiheitsliebendem Geist, für die unterdrückten Ungarn brennender Politstrategin und Franzls großer Liebe anderseits.

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Durch einen artifiziellen, bisweilen auch nur schrottigen Haufen von Filmen, Serien, Romanen, Biografien, Parodien, Musicals, Kinderzeichentrick. Einmal lächelt der Mund porzellanpuppenhaft, dann verzieht er sich zu eine seelenlosen Avatar-Grimasse. Und während Herzogin Meghan von Sussex via Netflix nicht enden wollend als stinkreiches Möchtegernopfer über die Verfolgung durch das Biest Medien greint, wird der ersten Ikone der Presse und der bunten Blätter des 19. Jahrhunderts schon das nächste Denkmal bereitet.

Macht, Missbrauch und Humor

Länger schon verschoben, soll im März „Sisi und ich“ Premiere haben, das gemeinsame Filmprojekt von Frauke Finsterwalder und ihrem Drehbuchautor wie Ehemann Christian Kracht. Um „Macht, Erniedrigung, Missbrauch und Humor“ soll es gehen, wenn der royalrote Teppich jetzt noch einmal neu aus der Perspektive von Zofe Irma alias Sandra Hüller ausgerollt wird.

Die erstaunlich populäre, durchaus mit Produktionsschauwerten aufwartende RTL-Sisi zeigte sich in der ersten Staffel der Masturbation kundig, reiste nach Schönbrunn mit Dildo und als Zofe ausgegebener Prostituiertenlehrmeisterin. Musste sich dann aber der historischen Wahrheit wie der gestreng die Lippe kräuselnden Schwiegermama Sophie (alias Désirée Nosbusch) beugen.

„Sisi“ – Jetzt als Serie