Thursday, April 18, 2024

Bußgelder: Höhere Strafen für Raser beeindrucken laut Umfrage nur wenige Fahrer – WELT

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Die Reform des Bußgeldkatalogs für den Straßenverkehr im vergangenen Jahr hat nur bei einem Teil der Autofahrer zu einer Veränderung des Verhaltens geführt. Darauf deutet eine Umfrage im Auftrag der Unfallforschung der Versicherer hin, die in Berlin präsentiert wurde. Demnach gab mehr als die Hälfte der befragten Autofahrer zu, dass sie sich trotz der erhöhten Bußgelder nicht häufiger an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten als zuvor.

Tempomessungen der Versicherer in München und Hamburg zeigen, dass die Zahl der Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zwar gesunken ist. Das führen die Verkehrsforscher aber nicht allein auf die neuen Bußgelder zurück.

Anfang November 2021 war der neue Bußgeldkatalog nach längerem politischem Ringen in Kraft getreten. Seitdem sind beispielsweise bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 16 bis 20 km/h innerorts 70 Euro fällig, vorher waren es 35 Euro. Auch die Bußen für andere Übertretungen wurden teilweise verdoppelt; 11 bis 15 km/h zu viel kosten beispielsweise nun 50 Euro.

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Im Durchschnitt liegen die Tempo-Überschreitungen bei knapp 35 Kilometern pro Stunde außerhalb von Ortschaften und 20 km/h innerorts

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Verantwortlich für die Erhöhung zeichnete noch Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), dessen ursprünglicher Gesetzentwurf schärfere Strafen vorgesehen hatte. Nachträglich wurde das Gesetz aber abgeschwächt, sodass sich an den Schwellen für Punkte in Flensburg (ab 21 km/h Übertretung innerorts) und Fahrverbote (ab 31 km/h) nichts änderte.

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Bei den Tempomessungen in Hamburg und München, an rund 80 Stellen über jeweils 24 Stunden, zeigte sich, dass die Zahl der Geschwindigkeitsübertretungen im Vergleich zu ähnlichen Messungen 2017 mitunter deutlich gesunken ist.

So fuhren auf Tempo-50-Strecken in Hamburg 46 Prozent weniger Autofahrer zu schnell als noch vor fünf Jahren. In München waren es 34 Prozent weniger. In Tempo-30-Zonen sank die Zahl der Übertretungen demnach in München um 26 Prozent und in Hamburg um 36 Prozent.

Stärkere Verkehrsüberwachung

„Wir waren sehr überrascht darüber, dass der Rückgang in Hamburg so stark war“, sagte Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer. Der Grund seien aber nicht allein die höheren Bußgelder, sondern vor allem die stärkere Überwachung.

Hamburg hat, anders als München, die Zahl der Radarkontrollen deutlich erhöht. Neben fest installierten Anlagen, etwa an Ampeln, setzt die Stadt seit einigen Jahren verstärkt mobile Blitzer ein. Dieser gewachsene Kontrolldruck führt aus Sicht der Verkehrsforscher zu dem deutlichen Unterschied zwischen den Städten.

Wobei selbst verstärkte Kontrollen nicht alle Autofahrer dazu bringen, immer den Vorschriften gemäß zu fahren. „Ein gutes Viertel glaubt, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass man erwischt wird“, schließt Brockmann aus den Ergebnissen Umfrage, die Civey im Auftrag der Versicherer im Oktober und November durchgeführt hat.

Jeder Fünfte Befragte hat zugegeben, dass er Blitzer-Apps nutzt, um nicht in Radarfallen zu geraten. Dazu kommen noch die Blitzer-Meldungen im Radio.

Brockmann sind vor allem die in Deutschland illegalen Apps ein Dorn im Auge: Er hält sie für „verkehrsgefährdend und möglicherweise auch sittenwidrig“. Die Politik solle versuchen, das Herunterladen der Apps über die Plattformbetreiber zu unterbinden, rät er.

Kommunen sind die Gewinner der Bußgeldreform

Den Kommunen würde das sicher gefallen, denn sie zählen zu den Gewinnern der Bußgeldreform. Darauf deuten viele Berichte aus einzelnen Städten hin. So ergab eine Umfrage des MDR unter den acht größten Städten in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, dass die Kommunen deutlich mehr Geld einnehmen – auch weil die Zahl der Strafzettel dort nicht gesunken ist. Magdeburg etwa hat laut MDR in diesem Jahr bis August bereits so viel Bußgeld eingenommen wie im gesamten Vorjahr.

Direkte Auswirkungen der höheren Bußgelder auf die Unfallzahlen können die Verkehrsforscher indes nicht nachweisen – weil es zu viele andere Faktoren in der Rechnung gibt. „Dass ein Unfall überhaupt geschieht, hängt aber mit der Geschwindigkeit zusammen“, sagte Brockmann.

Insgesamt sei die Zahl der Verkehrsunfälle in diesem Jahr wieder gestiegen, allerdings auf ein geringeres Niveau als 2019. In den Corona-Jahren 2020 und 2021 hatte es weniger Verkehrsunfälle gegeben, weil die Deutschen in der Zeit von Lockdowns und Homeoffice-Regelungen weniger Auto gefahren sind.

Benzinpreise und gefahrene Geschwindigkeiten

Die stark gestiegenen Benzinpreise in diesem Jahr hatten der Umfrage zufolge wenig Einfluss auf die in den Städten gefahrenen Geschwindigkeiten. Auf Autobahnen aber schon. So sagten 40 Prozent der Autofahrer, dass sie wegen der erhöhten Kraftstoffpreise auf Autobahnen langsamer fahren.

Innerorts und auf Landstraßen haben weniger als ein Drittel ihre Geschwindigkeit verringert, um Sprit zu sparen. Und rund die Hälfte der Befragten fährt trotz hoher Preise nirgendwo langsamer als zuvor.

Wobei Geschwindigkeit allein nicht das Problem ist – sondern eine nicht an die Situation angepasste Geschwindigkeit. Wie die Tempomessungen zeigen, fahren Autos auf Tempo-50-Strecken vor allem dann schneller, wenn die Abstände zwischen den Autos größer werden und wenn es einen zweiten Fahrstreifen in dieselbe Richtung gibt.

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Benzin und Diesel

Die Pulks in den Stoßzeiten morgens und abends verhindern natürlich, dass überhaupt zu schnell gefahren wird. Das führt unter dem Strich dazu, dass 12,4 Prozent aller Autos auf den untersuchten Tempo-50-Straßen in München schneller als 55 km/h fuhren, in Hamburg waren es 10,5 Prozent. Schneller als 70 km/h fuhren den Messungen zufolge nur sehr wenige Autos: 0,4 Prozent in beiden Städten.

Brockmann führt das unter anderem auf die drohenden Strafen zurück: ab 21 km/h Überschreitung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit droht ein Punkt in der Verkehrssünderkartei des Kraftfahrt-Bundesamts. Diese Schwelle sei den Autofahrern sehr wohl bewusst, meint der Verkehrsforscher.

„Die Eintragung von Punkten ins Fahreignungsregister ist eine sehr wirksame Drohung“, sagt er. Sie wirke stärker als Bußgelder. Daher fordern die Versicherer, den Bußgeldkatalog noch einmal zu überarbeiten – und früher Punkte zu vergeben.

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