EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola hat Twitter-Chef Elon Musk dazu aufgefordert, vor dem Europaparlament auszusagen. Wie ihr Sprecher am Montag mitteilte, hat Metsola dem Multimilliardär einen Brief mit einer Einladung geschickt. Bisher ist keine Antwort Musks auf die Anfrage bekannt geworden. Das Parlament kann Musk nicht zum Erscheinen zwingen.
Musk hat den weltweit vielfach von Regierungen, Politikern und Journalisten genutzten Kurzbotschaftendienst seit der Übernahme für 44 Milliarden Dollar (rund 41 Milliarden Euro) ins Chaos gestürzt. Er entließ das Spitzenmanagement und rund die Hälfte der Belegschaft, gab das Twitter-Konto des früheren US-Präsidenten Donald Trump wieder frei und sperrte unter anderem zeitweise die Nutzerkonten mehrerer US-Journalisten, die über das US-Unternehmen und Musk berichtete hatten.
Die Blockade der Konten hatte große Empörung weit über die USA hinaus ausgelöst. Kritik kam unter anderem von UN-Generalsekretär António Guterres, EU-Vertretern und auch der Bundesregierung. Die EU drohte Musk mit Sanktionen wegen der Bedrohung der Medienfreiheit.
Umfrage über seinen Rücktritt
Am Montag hielt Musk eine Online-Umfrage darüber ab, ob er als Twitter-Chef zurücktreten solle. 57,5 Prozent der Teilnehmer des Votums stimmten für dessen Rücktritt. Das Abstimmungsergebnis ist nicht repräsentativ. Allein Elon Musk hat auf der Plattform mehr als 122 Millionen Follower. Im Vergleich dazu sind 17,5 Millionen Votes nicht besonders viel.
Die Umfrage stand zwar prinzipiell allen Mitgliedern der Plattform offen, jedoch nur für zwölf Stunden. Musk hatte aber zuvor versichert, sich an das Ergebnis des Votums zu halten. „Wie das Sprichwort sagt: „Sei vorsichtig, was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen“.“
Es spricht viel dafür, dass Musk sich schon vor der Umfrage dazu entschieden hat, sich aus dem Tagesgeschäft bei Twitter zurückzuziehen. Der Multimilliardär ist bekannt dafür, dass er Umfragen auch startet, um bereits getroffene Entscheidungen zu rechtfertigen.
Am bekanntesten dürfte in der Vergangenheit die Frage von Musk auf Twitter gewesen sein, ob er 10 Prozent seiner Anteile an Tesla verkaufen sollte. Das brachte ihm unter anderem Ärger mit Tesla-Investoren ein, die sich über den Tisch gezogen fühlten. Unterlagen, die später veröffentlicht wurden, zeigten nämlich, dass Musk längst einen Plan zum Verkauf der Aktien ausgehandelt hatte.
An der Börse löste das aktuelle Abstimmungsergebnis zum möglichen Rücktritt als „Head of Twitter“ einen Jubelsturm unter Tesla-Investoren aus. Der Aktienkurs des Elektroauto-Herstellers legte vorbörslich um vier Prozent zu. Die Tesla-Aktie hatte seit dem Frühjahr rund die Hälfte ihrer Bewertung von mehr als 1 Billion Dollar verloren.
Elon Musk hatte den Kurznachrichtendienst im Oktober für 44 Milliarden US-Dollar übernommen. Nach Ansicht von Experten lag der Preis viel zu hoch, weil Twitter bislang kaum Gewinne geschrieben hat. 27 Milliarden Dollar der Kaufsumme stammen von Musk selbst, der dafür in großem Umfang Tesla-Aktien verkaufen musste und auch deshalb aktuell nicht mehr der reichste Mann der Welt ist.
13 Milliarden aus der Kaufsumme wurden Twitter als Bankschulden aufgebürdet, den Rest steuerten Investoren wie Oracle-Mitbegründer Larry Ellison, die Qatar Holding und der saudische Prinz Alwaleed Bin Talal Alsaud bei. Nach den Negativschlagzeilen der vergangenen Wochen und den damit verbundenen sinkenden Werbeeinnahmen müssen nun die Twitter-Investoren und Banken um ihr Geld fürchten.