Frisur und Ketten. Ketten und Frisur. Wer Danny Jansen gegenübersteht, wird die Markenzeichen nicht übersehen können. Unter seinem konsequent aufgeknöpften Trikot baumeln gleich zwei auffällige Schmuckstücke, mit denen man problemlos ein defektes Fahrrad wieder auf Geschwindigkeit bringen könnte. Und seine Frisur sieht aus, als sei der 20-jährige Dartspieler aus den Niederlanden soeben einer Zeitmaschine entstiegen: einmal 80er und zurück. Jansen trägt Mullett, eine extreme Vokuhila.
Möglich, dass auch Paolo Nebrida zunächst ein wenig abgelenkt war. Der Mann von den Philippinen war im Duell der beiden WM-Debütanten auf den extrovertierten Youngster getroffen und musste sich beim 2:3 nach den ersten beiden Sätzen fragen, weshalb er trotz seines durchaus beeindruckenden Scorings mit 0:2 im Hintertreffen lag. Andererseits hatte Jansen ihm auch mehrfach Hoffnung gemacht, dass in dem Erstrundenmatch durchaus noch eine Menge möglich sein würde. „Meine Hände haben richtig gezittert“, sagte Jansen nach seiner Premiere auf der ganz großen Bühne und wunderte sich: „Dabei bin ich eigentlich nie nervös.“
Was Extremsituationen hervorbringen können, erlebten die 3200 Zuschauer im ausverkauften Alexandra Palace schon im dritten Leg des ersten Durchgangs, als sich die beiden Kontrahenten nach zwölf (Nebrida) und sechs (Jansen) verpassten Checkouts im Madhouse auf der Doppel-1 wiederfanden. Die WM 2023 erlebte ihren ersten Double Trouble. Und da die Probleme bei beiden weiter anhielten, entwickelte sich nun in nahezu jedem Leg ein abschließendes Duell auf den Doppeln – mit dem Asiaten als etwas besserem Schützen. Nebrida gewann Satz drei trotz eines Averages von 72,43 mit 3:2 und wehrte vier Matchdarts Jansens ab.
Als er dann den vierten Durchgang glatt mit 3:0 für sich entschied, neben den Triplen nun plötzlich auch die Doppel konstant traf und dabei einen Punktedurchschnitt von 107,36 spielte, schien das Match tatsächlich gedreht. Jansen jedoch blieb cool, kämpfte sich zurück und verwandelte seinen siebten Matchdart auf der Doppel-11 zum Einzug in die dritte Runde.
Für das erste Mal sei es ganz okay gewesen, fand er und grinste. Die WM-Bühne nach der Premiere als Sieger verlassen – nur das zählte und sorgte für Freude, die auch der Blick in die Statistik nicht trüben konnte: 38 Pfeile hatte „The Mullet“ daneben geworfen und damit sogar noch sieben mehr als sein Gegner. Insgesamt kamen die beiden auf 20 Treffer bei 89 Versuchen. Womöglich lag es aber im Falle des Niederländers auch daran, dass ihm einen Tag vor der Abreise nach London seine dritte, nicht minder auffällige Kette, die er sonst am Handgelenk trägt, kaputtgegangen war.
Bei Twitter genügten auch Frisur und zwei Halsketten, um die Diskussionen um den Debütanten in Großbritannien trenden zu lassen. Jansen, der sich vor elf Monaten die Tourkarte sicherte und auf einem Bauernhof in den Niederlanden lebt, hat das Interesse der Dartsfans geweckt. Und deren Kreativität. Spitznamen und Wortspiele wie Ruud Mullet machten die Runde. Der Mann fällt auf, keine Frage, bleibt bei allem Selbstbewusstsein aber auf dem Boden: „Ich bin keiner von den großen Jungs, aber ich gebe mein Bestes und genieße den Moment.“
Von denen trafen anschließend zwei im direkten Duell aufeinander. Simon Whitlock gewann die ersten beiden Sätze gegen Jose de Sousa im Decider. Mit dem Portugiesen stand nach Daryl Gurney der zweite gesetzte Spieler vor dem Aus. Doch die Nummer 17 kämpfte sich in dem engen Match zurück und triumphierte letztlich verdient, wie die Statistik verdeutlichte. Beide spielten Averages zwischen 86 und 87 Punkten, „The Special One“ hatte mit 36,1 Prozent aber die deutlich bessere Doppel-Quote. Zu viele Fehler in der zweiten Hälfte des Matches sorgten dafür, dass Whitlocks Bilanz am auf 20,5 Prozent sank. Zu wenig.
Darts-WM, Ergebnisse am 19.12.
1. Runde:
Andrew Gilding (ENG) – Robert Owen (ENG) 3:2 (1:3; 3:2; 3:1; 0:3; 3:1)
Danny Jansen (NED) – Paolo Nebrida (PHI) 3:2 (3:1; 3:2; 2:3; 0:3; 3:0)
Niels Zonneveld (NED) – Lewy Williams (WAL) 0:3 (3:1; 3:2; 3:1)
2. Runde:
Jose de Sousa (POR/17) – Simon Whitlock (AUS) 3:2 (2:3; 2:3; 3:0; 3:1; 3:1)
1. Runde (ab 20 Uhr):
Geert Nentjes (NED) – Leonard Gates (USA)
Ritchie Edhouse (ENG) – David Cameron (CAN)
Steve Beaton (ENG) – Danny van Trijp (NED)
2. Runde:
Gerwyn Price (WAL/1) – Luke Woodhouse (ENG)