Elon Musk, der wegen der jüngsten Richtlinienänderungen bei Twitter unter Beschuss steht, bittet die Twitter-User, darüber abzustimmen, ob er als Chef der Social-Media-Plattform zurücktreten soll. Der neue Eigentümer von Twitter wird sich an die Ergebnisse der Umfrage halten, versprach er in einem Tweet am Sonntagabend.
Schon am Montagmittag könnte es soweit sein. Die Umfrage ist, anders als vorherige nicht auf 24 Stunden, sondern nur auf eine Laufzeit von 12 Stunden angelegt. Die Abstimmung wird somit gegen 12:20 Uhr MEZ beendet sein.
Nach gut neun Stunden haben mehr als 17 Millionen User abgestimmt, 57 Prozent votierten laut dem Tweet zu diesem Zeitpunkt für Musks Rücktritt, 43 Prozent lehnen seine Demission ab. Musk gab ebenfalls per Tweet bekannt, dass er in Zukunft über wichtige Änderungen abstimmen lassen werde.
Der US-Milliardär machte keine Angaben dazu, wann er zurücktreten würde, falls die Umfrageergebnisse dies nahelegen. „Es gibt keinen Nachfolger“, antwortete Musk auf Frage eines Twitter-Nutzers zu einem möglichen Wechsel auf dem Chefposten.
Zuvor hatte das Unternehmen mit einer weiteren Änderung seiner Richtlinien Kritik auf sich gezogen. So kündigte Twitter an, seinen Nutzern künftig das Bewerben konkurrierender Online-Plattformen zu verbieten. Das Verbot bezieht sich unter anderem auf Links zu Facebook, Instagram, Mastodon und Truth Social.
Später erklärte Musk, dass Konten nur dann gesperrt würden, „wenn der ‚primäre‘ Zweck dieses Kontos die Werbung für Konkurrenten ist“. Er kündigte außerdem an, die Nutzer künftig über „größere Änderungen der Richtlinien“ abstimmen zu lassen. „Ich bitte um Entschuldigung. Wird nicht wieder vorkommen.“
Musk hat seit der Übernahme des sozialen Netzwerks eine Vielzahl umstrittener Änderungen vorgenommen. Er hatte sich in der Vergangenheit immer als Vorkämpfer für Meinungsfreiheit präsentiert. Musk ließ unter anderem Konten wieder freischalten, die wegen Botschaften gesperrt worden waren, die vor seiner Übernahme auf Twitter unerwünscht waren. Vor allem in politisch linken Kreisen wurde Unmut darüber laut.
Twitter hatte am Donnerstag auch Accounts mehrerer prominenter US-Journalisten gesperrt. Die Sperrungen waren nach Angaben der Betroffenen ohne Vorwarnung erfolgt. Ein Großteil der Accounts wurde mittlerweile wieder freigeschaltet – die Kritik an dem Vorgehen war aber groß. Viele Nutzerinnen und Nutzer bewarben daraufhin – aber auch schon zuvor – den Twitter-Konkurrenten Mastodon als Alternative.
Den Tesla-Anlegern bereitet Musks Engagement bei Twitter Sorgen, dass er von der Führung des Elektroautobauers in Zeiten globaler Konjunkturschwäche zunehmend abgelenkt sein könnte. Der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer sieht angesichts von Querelen um die Plattform Twitter ebenso eine Gefahr für den Erfolg von Tesla. Musk müsse aufpassen, „dass er sich jetzt nicht zu stark mit seinen Twitter-Eskapaden in eine Richtung begibt, die ihm die viele Sympathie, die er bisher gehabt hat, raubt“, sagte Dudenhöffer der „Märkischen Oderzeitung“. „Mit seinem autokratischen Auftreten wird Musk mehr und mehr ein Risiko für Tesla und Grünheide.“
Auf die Frage der Zeitung, ob das „Twitter-Chaos“ der Marke Tesla und dem Werk in Grünheide schade, antwortete Dudenhöffer: „Absolut ja. Musk verstrickt sich immer stärker in Widersprüche, herrscht autokratisch über eine Informationsplattform, muss Tesla-Aktien verkaufen, um seine teure Twitter-Übernahme nicht an die Wand fahren zu lassen.“ Durch die Investition in Twitter fehlten auch Budgets, die Musk vielleicht für Tesla gebraucht hätte, meinte Dudenhöffer. Dies wiederum könne es schwieriger machen, das hohe Tempo bei Tesla weiterzuverfolgen.