Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat nichts gegen Eigenlob. „Dranbleiben lohnt sich!“, ließ er diese Woche per Kurznachrichtendienst Twitter wissen. Auf Drängen von Nordrhein-Westfalen – also von ihm selbst – schließe die Bundesregierung „endlich eine Gerechtigkeitslücke“ in ihren Entlastungspaketen.
„Haushalte mit Öl-, Pellet- oder Flüssiggasheizungen sollen nun ebenfalls entlastet werden“, schrieb er. Genauso wie beim Gas seien auch hier die Preise extrem angestiegen. Dass diese Entlastung jetzt komme, sei eine gute Nachricht „für Millionen Menschen“.
Diese Worte dürften Wüst und alle anderen Politiker, die sich für die beschlossene Regelung für Heizöl- und Pelletkunden in dieser Woche übermäßig feiern ließen, noch einholen.
Mit allzu viel Geld vom Staat sollten Kunden nicht rechnen
Schon die Behauptung, dass es bislang eine „Gerechtigkeitslücke“ zwischen den verschiedenen Energiekunden gab, war gewagt.
Dass „Millionen Menschen“ profitieren, wird sich nur schwer halten lassen. Wer in diesem Jahr seinen Heizöltank oder Pelletspeicher vollgemacht hat, sollte nicht mit allzu viel Geld vom Staat rechnen. Viele werden sogar ganz leer ausgehen.
Die Entstehungsgeschichte des sogenannten Härtefallfonds für jene Haushalte, die mit „nicht leitungsgebundenen Brennstoffen“ wie Heizöl, Pellets und Flüssiggas heizen, zeigt, wie freihändig Politik in diesen Zeiten gemacht wird. Es wird schnell etwas gefordert, aufgeschrieben und beschlossen – um die Details kümmert man sich dann später.
Beschlossen ist, dass die Haushalte rückwirkend für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 1. Dezember 2022 entlastet werden. Die Obergrenze der Hilfen soll bei 2000 Euro pro Haushalt liegen.
Voraussetzung sind Heizkosten, die mindestens beim Doppelten des Vorjahres liegen. Von dem Betrag, der das Doppelte der Kosten des Jahres 2021 übersteigt, übernimmt der Staat 80 Prozent.
Eine Einschränkung gibt es noch: Es muss um mehr als 100 Euro gehen. Maximal 1,8 Milliarden Euro stehen dafür aus dem Stabilisierungsfonds bereit. Das sei eher zu viel als zu wenig, versichert man in Regierungskreisen. Falls auch im kommenden Jahr Hilfen benötigt werden, will man schauen, was noch möglich ist.
Rätselraten über den vorgesehenen Referenzpreis
Nun wollen natürlich alle Nicht-Gaskunden wissen, wie viel sie in Euro und Cent bekommen. Das aber lässt sich noch nicht sagen. Entscheidend für die Rechnung ist neben dem Einkaufspreis in diesem Jahr der Preis aus dem Vorjahr.
Um es nicht zu kompliziert zu machen, hatte sich der Gesetzgeber überlegt, dass man dafür einen einheitlichen Wert für alle ansetzt. „Als Referenzpreis ist der jahresdurchschnittliche Vorjahreswert für den jeweiligen Brennstoff anzusetzen“, heißt es im Gesetz.
Jetzt müsste es diesen „jahresdurchschnittlichen Vorjahreswert“ für die relevanten Brennstoffe nur noch geben. Das Statistische Bundesamt hat einen solchen Einheitswert nach eigenen Angaben zwar für Heizöl, aber nicht für Pellets und Flüssiggas.
Der Referenzpreis sei noch zu klären, heißt es mittlerweile kleinlaut aus den Bundestagsfraktionen der Ampel-Parteien. Der Punkt soll nun erst in einigen Wochen in einer gesonderten Bund-Länder-Verordnung geklärt werden. Auch je nach Region unterschiedliche Referenzpreise seien noch möglich.
Der Blick auf die deutschlandweiten Heizölzahlen des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass es zumindest beim wichtigsten Brennstoff neben dem Gas nicht sehr viel geben wird.
Ein Kunde muss in der absoluten Hochphase im März, kurz nach Kriegsbeginn in der Ukraine, seinen Tank vollgemacht haben oder im Hochsommer, um auf einen nennenswerten Zuschuss vom Staat hoffen zu können. Auch der Oktober als Einkaufsmonat könnte noch etwas bringen.
Nur in vier von elf Monaten lag der Preis über 120 Euro je Liter
Konkret in Zahlen: Der von den Statistikern ausgewiesene Durchschnittswert 2021 liegt bei 60,02 Euro für 100 Liter. Der Preis auf der diesjährigen Rechnung muss wegen der verlangten Verdoppelung also bei mehr als 120 Euro liegen, um für eine Entlastung überhaupt infrage zu kommen. Dies war laut offizieller Statistik im Durchschnitt lediglich in vier der relevanten elf Monate 2022 der Fall. Der Rekordwert stammt aus dem März mit 129,21 Euro je Hektoliter.
Das schließt nicht aus, dass einzelne Kunden per eidesstattlicher Erklärung höhere Literpreise bestätigen können – zwischendurch gab es immer wieder Preisspitzen. Doch die Durchschnittswerte aus Wiesbaden zeigen: Die Masse der Heizölkunden wird dies nicht sein.
Das ist nicht zu beklagen und auch keine Ungerechtigkeit im Vergleich zu Gaskunden. Schließlich bekommen auch diese ab dem nächsten Jahr nur zu 80 Prozent das vom Staat ausgeglichen, was über eine Verdoppelung des Gaspreises gegenüber dem Vorjahr hinausgeht.