Kartellamts-Präsident Andreas Mundt sieht Handlungsbedarf beim Umgang mit Kronzeugen. Seine Behörde fürchtet, dass Unternehmen immer häufiger aus Furcht vor Schadenersatzklagen nicht mehr bereit sind, intern aufgedeckte Kartellfälle an die Bonner Kartellwächter zu melden. „Wenn ein potenzieller Kronzeuge aus Angst vor Schadenersatz nicht kooperiert, bleibt das Kartell oft unentdeckt“, sagte Mundt WELT AM SONNTAG.
Hintergrund sind die zunehmenden Sammelklagen von kommerziellen Anbietern, die die Ansprüche von Geschädigten von Kartellen bündeln. Dabei geht es um Kunden, die überhöhte Preise zahlen mussten. Im Sommer hatte das Bundesverwaltungsgericht solche Klagen vor deutschen Gerichten erleichtert. Kronzeugen müssen zwar als Anreiz für ihre Kooperation in der Regel keine Buße an das Kartellamt zahlen, können aber dennoch später auf Grundlage der Kartellamtsentscheidung zu Schadenersatz herangezogen werden. Das könnte künftig häufiger und mit höheren Forderungssummen geschehen.
Mundt forderte daher, Hinweisgeber auch bei diesen Ansprüchen zu entlasten. „Eine weitergehende Privilegierung des Kronzeugen, der ein Kartell aufdeckt, wäre wünschenswert. Die rechtliche Umsetzung ist alles andere als trivial, aber wir diskutieren bereits über eine mögliche Anpassung der europäischen Schadensersatzrichtlinie“, sagte Mundt der Zeitung.
Das Prinzip des Schadenersatzes müsse dabei erhalten bleiben, betonte er: „Es ist selbstverständlich, dass die Opfer eines Kartells für ihren Schaden voll entschädigt werden müssen. Es geht also nur um die Frage, wer für den gemeinsam verursachten privaten Schaden aufkommen muss.“
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