Wenn die Dinge nicht mehr rundlaufen, beauftragen taumelnde Organisationen gerne eine Unternehmensberatung oder gründen eine Taskforce. Das soll den Laden wieder zukunftsfit machen. Die Methode ist weit verbreitet. Ungewöhnlich ist allerdings, wenn man ein solches Beratergremium der Öffentlichkeit präsentiert – und dann ist niemand dabei, von dem man eine halbwegs brauchbare Idee für die Zukunft des Gewerbes erwarten würde. Für diesen unorthodoxen Ansatz entschied man sich beim Deutschen Fußball-Bund.
Am Donnerstag trat erstmals der Expertenrat zusammen, der Deutschlands Fußball aus der Krise führen soll. Er besteht im Kern aus dem Red-Bull-Manager Oliver Mintzlaff sowie aus Oli Kahn, Rudi Völler, Matthias Sammer und Kalle Rummenigge. Also vor allem aus Leuten, die vor zwei bis vier Dekaden Expertise darin bewiesen haben, den deutschen Fußball in Krisen hineinzukicken.
Zweifellos verkörpern sie aber auch deutsche Tugenden, mit denen man kurzfristig gewinnen kann: Kalle Rummenigge weiß aus Gijón 1982, wie man Entscheidungsspiele diskret verschiebt, Rudi Völler bewies im Interview mit Waldemar Hartmann, wie man Kritik souverän an sich abprallen lässt („Ich kann den Scheißdreck nicht mehr hören“). Oliver Kahn könnte der Nationalelf beibringen, wie man sich mit Testosteron-Rhetorik („Eier, wir brauchen Eier“) zusätzlich motiviert.
Matthias Sammer lebte vor, dass man erst aufgibt, wenn die letzte Tackernadel in der Hirnrinde steckt. Das sind nützliche Kenntnisse. Aber möglicherweise würde es noch mehr helfen, wenn man Leute um Rat fragte, die wissen, wie man heute erfolgreich Fußball spielt. Also zum Beispiel die DFB-Frauen. Oder die Franzosen.
Die AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla äußerten sich am Mittwoch über die Razzia in der „Reichsbürger“-Szene, bei der zufällig auch die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann hopsgenommen worden war. Alice Weidel sprach von einem „Rollator-Putsch“. Sie bemühte sich, die Verschwörer zu verharmlosen und zugleich den Polizeieinsatz als maßlos zu dramatisieren.
Bibi Blocksberg für Rechte
Zunehmend komplex wurde es, als sie dann noch versuchte, Nancy Faesers unausgegorenen Vorstoß zur Beweislastumkehr zu kritisieren. Weidel erzählte irgendetwas über Hexen, die, wenn sie auf Besen rumflögen, danach unter Folter beweisen müssten, dass sie nicht auf Besen herumgeflogen seien.
Selbst wenn man verstrahlt genug wäre, um AfD-Anhänger zu sein, müsste man diesen historischen Vergleich etwas weit hergeholt finden. Aber vielleicht haben wir das einfach nicht verstanden, und Alice Weidel ist so eine Art Bibi Blocksberg für heranwachsende Rechtsextreme.
Wir waren zugegebenermaßen auch etwas abgelenkt, weil die AfD-Parteispitzen bei ihrem Auftritt hinter einem Schild mit der Aufschrift „Bargeld erhalten!“ standen. Wir ahnen, dass sie damit gegen die Abschaffung des Bargeldes protestieren möchten, aber wenn Chrupalla und Weidel hinter dem Schriftzug „Bargeld erhalten!“ stehen, lautet die Anschlussfrage eines jeden Zuschauers unwillkürlich: Von wem?
Am Freitag platzte in einem Berliner Hotel gleich neben dem Stadtschloss ein Aquarium mit einer Million Liter Wasser. Es fällt momentan schwer, in der Havarie kein Symbolbild für den Zustand der Republik zu sehen. Wir bauen lauter nutzlose Sachen, die dann auch noch platzen. Gasröhren nach Russland, Tropenfischaquarien in Berlin.
In jedem Fall wirft solch ein Ereignis Fragen auf. Etwa diese: Wer hatte die behämmerte Idee, einen Hammerhai und 1500 Tropenfische in einen 16 Meter hohen Glaszylinder in Berlin-Mitte zu stecken? Es beantwortet aber auch einige Fragen: Zum Beispiel die, ob es etwas Schlimmeres für einen Tropenfisch geben kann, als in ein Hotel-Aquarium in Berlin-Mitte gesteckt zu werden. Die Antwort lautet seit Freitagmorgen: Ja, auf der Karl-Liebknecht-Straße in Berlin-Mitte zu liegen.