Thursday, April 25, 2024

Mediamarkt und Saturn: Das halbherzige Ende der Schein-Konkurrenz – WELT

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Aus zwei wird eins: Die Marken Mediamarkt und Saturn sind ab dem kommenden Jahr nur noch zwei verschiedene Namen für den gleichen Inhalt. Sowohl online als auch im Laden finden die Kunden künftig ein einheitliches, schmaleres Sortiment, angeglichene Preise – und sogar gleiche Werbekampagnen.

Damit geben die beiden Elektronik-Händler eine jahrzehntelange Schein-Konkurrenz auf: Beide sind bereits seit 1990 unter einem Konzerndach – aktuell heißt diese börsennotierte Holding Ceconomy.

Doch zur kompletten Aufgabe einer der beiden Marken kann sich Konzernchef Karsten Wildberger – noch – nicht durchringen: „Die Kernfrage, vor der wir stehen, ist: Wie machen wir zwei wirklich starke Marken noch stärker?“, sagte er am 15. Dezember in Düsseldorf. Hinter der Zögerlichkeit steht möglicherweise auch: Die Kosten, das Aussehen aller Saturn-Märkte auf die stärkere Marke Mediamarkt anzupassen, kann der angeschlagene Konzern momentan kaum stemmen.

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Wie stark der Schritt für Deutschlands größten Elektrohändler umkrempelt, zeigt ein Blick in die Vergangenheit. In aufwendige Werbekampagnen inszenierten sich die beiden Marken stets getrennt. Der Saturn-Slogan „Geiz ist geil“ wurde in den konjunkturschwachen Nullerjahren zur Redensart und lockte die Kunden in die Innenstädte. Mediamarkt umwarb mit Sprüchen wie „Ich bin doch nicht blöd“ eine etwas jüngere Zielgruppe an Standorten am Stadtrand.

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Dabei machten sich nicht nur die Marken, sondern sogar die einzelnen Filialen untereinander Konkurrenz: Der Konzern erhob die jeweiligen Filialchefs zu lokalen Mitgesellschaftern, die bei Preisen und Sortiment mitreden konnten.

Was in den 1990er-Jahren bestens funktionierte, rächte sich in Zeiten des Internets: Mediamarkt und Saturn brauchten lange, um das Image abzuschütteln, wesentlich teurer zu sein, als neue Konkurrenten wie Amazon. Versuche, den zugekauften Online-Händler Redcoon zur eigenen Billigmarke zu machen, scheiterten.

Einheitsstrategie für Mediamarkt und Saturn

Jetzt soll es die Einheitsstrategie richten – und zugleich Geld sparen. Durch das gemeinsame Sortiment können Mediamarkt und Saturn vereint einkaufen und aus neuen Zentrallagern bedient werden.

Zugleich verkleinert Wildberger das Sortiment, das bislang bei Saturn größer war als bei Mediamarkt. Statt 80 Waschmaschinen könnten es künftig beispielsweise nur 30 bis 40 in einem Laden sein – die aber besser inszeniert und erklärt.

Wildbergs Ziel: Angebote, die besser zu den Kunden passen. Zudem sollen die Produkte öfter tatsächlich lieferbar sein. „Wenn wir das richtig machen, verkaufen wir mehr und verbessern zugleich unsere Marge“, hoffte Wildberger.

Dabei will er über die Nerd-Zielgruppe hinaus wachsen – mit neuen Schwerpunkten bei Gesundheit, Fitness und Mobilität. Das könnten etwa intelligente Waagen, Sport-Smartwatches und E-Roller sein.

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Zugleich spart die neue Strategie, weniger Produkte in die Läden zu stellen, Platz. Das passt dazu, dass beide Marken bei neuen Läden kleinere, also kostengünstigere Flächen anmieten. Dort will Wildberger verstärkt Services wie Reparaturen – künftig auch im Abo – und Lieferung anbieten. Diese Dienstleistungen, bis vor einigen Jahren zur Abrundung des Einkaufserlebnisses gedacht, sind inzwischen echte Geldbringer.

Im Internet will Wildberg trotz der geringeren eigenen Auswahl mithalten können. Ähnlich wie Amazon, Otto und Kaufland öffnet er den Webshop für Drittanbieter. Die sollen die Angebotstiefe quasi unendlich verlängern – und zusätzliches Geld in die Kasse spülen, indem sie im Webshop Werbung schalten.

Ceconomys Signal in Richtung Kapitalmarkt

Denn Geld kann Ceconomy gut gebrauchen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr bis Ende September stieg der Umsatz zwar – allerdings nicht im deutschsprachigen Raum. Schlechtere Geschäfte bei der französischen Beteiligung Fnac und eine Abschreibung auf eine russische Beteiligung drückten den Cashflow allerdings ins Minus.

Innerhalb eines Jahres sank die Eigenkapitalquote von 7,1 Prozent auf 5,9 Prozent. „Das ist in der Tat eher niedrig“, sagte der scheidende Finanzchef Florian Wieser, der zum Edelmakler Engel & Völkers wechselt.

Allerdings sei Ceconomy solide finanziert: Das Unternehmen haben zwei Milliarden Euro liquide Mittel und eine ungenutzte Kreditlinie über eine Milliarde Euro.

Zudem habe sich Ceconomy rechtzeitig vor dem Zinsanstieg für die kommenden Jahre refinanziert, unter anderem durch eine Anleihe. Selbst zu Beginn des Ukraine-Kriegs und während einer Cyberattacke, die das Geschäft im Sommer traf, habe Ceconomy seine Kredite daher nicht ziehen müssen.

Quelle: Infografik WELT

Das ist auch ein Signal in Richtung Kapitalmarkt: Wie viele hoch verschuldete Unternehmen ist auch Ceconomy wegen des Zinsanstiegs an der Börse stark abgestraft worden. Seit dem Jahresbeginn hat die Aktie über die Hälfte an Wert verloren – obwohl sie sich bereits leicht erholt hat.

Zudem wertete die Rating-Agentur Moody’s die Kreditwürdigkeit von Ceconomy vergangenen Monat auf Ba3 ab – das ist im sogenannten Ramsch-Bereich, bedeutet also hohes Risiko eines Ausfalls.

Inzwischen hat Finanzchef Wieser eine zweite Rating-Agentur hinzugezogen: Fitch sieht Ceconomy nur leicht besser bei BB. Das heißt laut Fitch: „Probleme der Wirtschaft würden höchstwahrscheinlich zu Ausfällen führen.“

Ceconomy gibt zwei Prognosen ab

Tatsächlich griff Wildberger für den Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr zu einem ungewöhnlichen Mittel. Statt einer gab er gleich zwei Prognosen aus – einmal für eine sich stabilisierende Wirtschaftslage, einmal für eine schlechtere.

Im positiven Fall, der etwas wahrscheinlicher sei, werde Ceconomy leicht an Umsatz zulegen und „deutlich“ mehr Gewinn machen. Knicken Wirtschaft und Nachfrage ein, werde es jedoch einen „deutlichen Rückgang“ in beiden Kennzahlen geben.

Der gebeutelten Aktie tat dieser von Analysten als ungewiss kritisierte Ausblick nicht gut: Das Papier gab um deutliche acht Prozent nach. Die Experten verwiesen zudem darauf, dass Ceconomy weiter stark im Wettbewerb steht. Die Folge waren mehr Sonderangebote, die auf den Gewinn drücken.

Streit mit Mediamarkt-Miteigner beigelegt

Comdirect-Marktbeobachter Andreas Lipkow mahnte, Geduld zu haben. Ceconomy habe jahrelang viele wichtige Trends und Trendwechsel verschlafen, sagte er der Agentur dpa-AFX. Erst im vergangenen Jahr habe das Management umgesteuert: „Dass sich diese Maßnahmen nicht innerhalb weniger Quartale umsetzen lassen, zeigen die nun vorgelegten Jahreszahlen gut auf.“

Größere Beinfreiheit hat das Management inzwischen, weil ein jahrelanger Streit mit dem Mediamarkt-Miteigner Convergenta beigelegt ist. Der Konzern hat diese Erben-Gesellschaft eines der Gründer rausgekauft, indem diese nun als reguläre Großaktionäre am Konzern beteiligt ist.

Der 2017 verstorbene Mitgründer Erich Kellerhals hatte versucht, viele Entscheidungen zu blockieren – und dabei sogar in einem öffentlich zugänglichen Weblog gegen die jeweiligen Manager geschossen.

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Erst einmal weckte Ceconomy-Chef Wildberger Hoffnung für das Weihnachtsgeschäft: Schon der Black Friday sei besser gelaufen als gedacht. Offenbar sei die kriegsbedingte Kaufzurückhaltung der Kunden vorerst überwunden.

Möglicherweise wirkt dabei auch schon die neue Kampagne „Let’s Go“ für Mediamarkt. Ihr wird sich im kommenden Jahr die Marke Saturn anschließen – der neue gemeinsame Kurs wird so nach außen sichtbar.

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