Saturday, April 20, 2024

Großbritannien: Bitte besucht uns nicht! Streikchaos auf der ganzen Insel – WELT

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Am besten zu Hause bleiben, ist Suella Bravermans Ratschlag für alle Briten, die über Weihnachten Flugreisen geplant haben – und auch für Besucher, die das Jahresende auf der Insel verbringen wollen.

„Viele Tausend Menschen werden unter erheblichen Störungen des Betriebs zu leiden haben. Ich möchte wirklich alle mit Plänen für Auslandsreisen dazu drängen, noch einmal sorgfältig darüber nachzudenken“, mahnte die britische Innenministerin Ende vergangener Woche.

Ausgelöst hat die Warnung die Ankündigung der Grenzbeamten, zwischen dem 23. Dezember und dem Jahresende für acht Tage die Arbeit niederzulegen, für höhere Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen.

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Bahnbeschäftigte stehen mit Fahnen, Transparenten und Plakaten vor dem Bahnhof Bristol Temple Meads, wo Mitglieder der Gewerkschaft Rail, Maritime and Transport (RMT) an einem landesweiten Streik teilnehmen.

Arbeitskampf

Mit den neuen Maßnahmen des Finanzministers Jeremy Hunt dürften auf die Briten wohl weitere schmerzhafte Nachrichten zukommen

Neue Zinsentscheidungen

Streik der Strafverteidiger in Großbritannien

Lohnforderungen

Betroffen von dem Ausstand seien Passkontrollen an den Londoner Flughäfen Heathrow und Gatwick, außerdem in Manchester, Glasgow, Cardiff und Birmingham, die in den kommenden Tagen Hunderttausende Reisende zu spüren bekommen dürften.

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Abhilfe sollen 500 bis 600 Angehörige der Streitkräfte schaffen, die bereits auf ihren Einsatz vorbereitet werden. Auch anderswo werden die Angehörigen des Militärs in den kommenden Tagen gebraucht. Sie bereiten sich derzeit auch darauf vor, in Krankenwagen das Steuer zu übernehmen, wenn die Fahrer kommende Woche streiken.

Großbritannien steht vor einem Jahresende des Arbeitskampfs. Betroffen ist vor allem der öffentliche Dienst. Angesichts der zweistelligen Inflationsraten im laufenden Jahr, gekoppelt mit Jahren knapper Lohnzuwächse wegen der Austeritätspolitik der Regierung, greifen zahlreiche Gewerkschaften zu diesem Mittel, um auf die Situation ihrer Mitglieder hinzuweisen.

Seit Wochen streikt die Post in Großbritannien

Angefangen haben die Arbeitsniederlegungen im Bahnverkehr, der seit dem Sommer immer wieder tageweise weitgehend zum Stillstand kommt. Seit Wochen streiken auch die Angestellten von Royal Mail regelmäßig, was den Brief- und Paketverkehr erheblich beeinträchtigt.

Doch jetzt geht es erst richtig los. Am Dienstag legen die Angestellten der Rural Payments Agency die Arbeit nieder, eine Behörde des Landwirtschaftsministeriums, die zuständig ist für Zahlungen an Farmen und Agrarbetriebe.

Auch Führerscheinprüfungen müssen ausfallen, weil die zentrale Kraftfahrzeugstelle bestreikt wird. Für zwei Tage ist auch der Zugverkehr wieder erheblich eingeschränkt, da im ganzen Land Bahnmitarbeiter aus Transport- und Netzbetrieb nicht zur Arbeit kommen.

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Mittwoch und Donnerstag ist die Post wieder dran. Am Donnerstag beginnen die Krankenpfleger den ersten Streik überhaupt, zudem die Ingenieure beim Bahnbetreiber Great Western Railway. Freitag folgt ein weiterer landesweiter Bahnstreik.

Für 72 Stunden bleibt das Bodenpersonal in Heathrow der Arbeit fern, für zwei Tage die Mitarbeiter der Straßenmeistereien in Nordengland. Zusätzlich ruht die Arbeit bei allen Londoner Buslinien, die von Abellio betrieben werden. Am Samstag kommt noch das Sicherheitspersonal beim Bahnbetreiber Eurostar hinzu.

In der Folgewoche greifen die Streiks dann weiter um sich, wenn unter anderem auch noch die Krankenwagen, Passkontrollen an den Grenzen und das Reinigungspersonal bei einer Vielzahl von Transportbetrieben und staatlichen Einrichtungen dazustoßen. Und über die Weihnachtsfeiertage sind Bahnstreiks, bei denen in großen Teilen des Landes keinerlei Züge mehr fahren, vom 24. bis 27. Dezember angekündigt.

Verkehrsministerium hat die Verhandlungen torpediert

Obwohl die Streiks über die Weihnachtsfeiertage in Großbritannien – die ersten seit 2019, an denen keine Einschränkungen durch die Pandemie drohen – zu erheblichen Behinderungen im öffentlichen Leben führen werden, ist Entspannung nicht in Sicht. Die Regierung hat bisher wenig Entgegenkommen für die Forderungen der verschiedenen Gewerkschaften gezeigt.

Im Transportsektor schien eine Annäherung vergangene Woche möglich. Doch dann habe das Verkehrsministerium, das in die Gespräche zwischen Gewerkschaft und den Betreibern nicht direkt eingebunden ist, in letzter Sekunde eine Klausel zu Arbeitsbedingungen eingebaut, warf Mick Lynch, Chef der Transportgewerkschaft RMT, dem zuständigen Minister Mark Harper vor.

„Sie könnten genauso gut in das Gespräch einen Fisch mitbringen und mir den um die Backen hauen“, ärgerte sich Lynch über die Taktik. Die Verhandlungen wurden zunächst abgebrochen.

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Neue Arbeitswelt

Auch Pat Cullen, Vorsitzende der Pflegegewerkschaft Royal College of Nursing (RCN), beklagte eine fehlende Gesprächsbereitschaft aufseiten der Regierung. Selbst über die Gehaltsforderung von 19 Prozent ließe sich verhandeln, wenn Gesundheitsminister Steve Barclay dazu bereit sei, stellte sie in Aussicht.

„Ich will in den Verhandlungen nicht streitsüchtig erscheinen, und werde nicht auf unserem Standpunkt beharren, wenn er nicht auf seinem beharrt.“

Bisher hat sich die Regierung darauf beschränkt, die Gewerkschaften zu Gesprächen mit den jeweiligen administrativen Stellen, in vielen Fällen nicht das zuständige Ministerium, aufzufordern. „Wir drängen die Gewerkschaftsführer, diese schädlichen Streiks abzusagen und weiter zu reden“, sagte Kanzleramtsminister Oliver Dowden.

Regierung will zum Jahreswechsel das Streikrecht verschärfen

Die Fronten haben sich dabei weiter verhärtet. Premierminister Rishi Sunak und seine Kollegen betonen immer wieder, dass deutliche Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst vermieden werden müssten, um die Inflation nicht weiter anzufeuern.

Angeboten haben sie in den meisten Bereichen Erhöhungen im niedrigen einstelligen Bereich. Die Inflation lag im Land zuletzt bei 11,1 Prozent. Zum Jahresanfang will die Regierung zudem das Streikrecht weiter deutlich verschärfen.

Viele Beobachter sehen in der Hinhaltetaktik die Hoffnung auf einen Umschwung in der öffentlichen Meinung, die sich gegen die Streikenden wenden könnte, wenn die Einschränkungen erst deutlich spürbar werden.

Doch Ökonomen überzeugt das Inflationsargument nicht. „Es ist schwer einzusehen, wie ein Anstieg der Gehälter im öffentlichen Dienst direkt zu einer Lohn-Preis-Spirale beitragen kann“, sagte Ben Zaranko von der Denkfabrik Institute for Fiscal Studies. Zum einen würden für die öffentlichen Dienstleistungen keine Preise erhoben, die von den Löhnen der Beschäftigten abhängen.

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Gelockerte Regeln

Vor allem aber liege der öffentliche Dienst bei den Löhnen seit Jahren deutlich zurück hinter der Privatwirtschaft. Dort sind die Löhne in den vergangenen zwölf Jahren real um 5,5 Prozent gestiegen, während sie im öffentlichen Dienst im gleichen Zeitraum um 5,9 Prozent zurückgegangen sind. Seit Januar 2021 mussten die Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst ein reales Minus von 7,7 Prozent verkraften.

Gleichzeitig leidet die Versorgung immer deutlicher. 47.500 Stellen für Pflegekräfte waren im staatlichen Gesundheitsdienst NHS im September nicht besetzt, oder 11,9 Prozent. Ein Jahr vorher waren es nur knapp 40.000 gewesen. Auch in der Schulbildung häufen sich Klagen zur Qualität, weil vor allem in den Naturwissenschaften so viele Lehrer fehlen.

Ärzte stehen auch kurz vor einem Ausstand

Trotz aller befürchteten Beeinträchtigungen: Noch zeigen viele Briten Verständnis für die Streikenden. Laut einer Umfrage für den „Observer“ von vergangener Woche äußern 57 Prozent der Befragten Zustimmung für den Ausstand der Pflegekräfte in Arztpraxen und Krankenhäusern.

30 Prozent sind dagegen. Bei der Bahn ist die Stimmung weniger eindeutig. 40 Prozent sehen die Schuld für die seit Monaten andauernden Streiks bei der Regierung, 17 Prozent bei den Bahnbetreibern, 37 Prozent bei den Gewerkschaften.

Der Druck auf alle Beteiligten wird auf jeden Fall weiter wachsen. Denn die nächsten Gewerkschaften bereiten bereits ihre Ausstände vor. Bei Hebammen und Ärzten im Praktikum enden die Urabstimmungen in Kürze – und dürften direkt zu weiteren Streikankündigungen führen.

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