Saturday, December 9, 2023

James Camerons neuer „Avatar“-Film: Der letzte große Auftritt von 3-D?

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Am Berliner Zoopalast hängt ein riesiges Plakat für den Film „Avatar – The Way of Water“. Es zeigt eines dieser Flugwesen, das wie eine Mischung aus Libelle, Delfin und Drachen aussieht und auf dem ein Krieger reitet, mit der Haltung eines altrömischen Gladiators auf dem Streitwagen. Das Plakat teilt mit, dass der Film am 14. Dezember ins Kino kommt, und fügt hinzu: „Am besten in 3-D“.

„Am besten?“ Ist 3-D nicht sowieso das Nonplusultra des Kinoerlebnisses? Weshalb muss das noch speziell betont werden, mit einer defensiven Formulierung, welche die Möglichkeit eröffnet, auch die 2-D-Version anzusehen? Hat man nach dem ersten „Avatar“ – 2009 – nicht von allen, die etwas von der Sache verstanden, die Prognose gehört, in ein paar Jahren werde es nur noch Filme in 3-D geben?

Eine kurze Erinnerung an den Film, der dem Publikum damals das große Versprechen einer lichten Zukunft gab. Mit großem Aufwand haben in letzter Zeit Regisseure versucht, neue Kino-Universen zu schaffen. James Cameron benötigte im Original-„Avatar“ nur eine Einstellung: Über unzählige Baumkronen flog der Zuschauer auf den Planeten Pandora zu, der ihm vertraut und doch fremd erschien – ein Paradies, das entdeckt und zerstört wurde.

Es war ein Beginn, der so unglaublich viel versprach. Und es gab weitere Pioniertaten: Wim Wenders erweiterte mit seiner 3-D-Ballettdokumentation „Pina“ das Versprechen, schuf Tiefe, wo vorher keine war, und erzählte ernsthaft, statt Bewegung zu simulieren. Werner Herzog durfte mit seiner 3-D-Ausrüstung in die sonst gesperrte südfranzösische Chauvet-Grotte und inszenierte in „Die Höhle der vergessenen Träume“ die zweidimensionalen Steinzeitmalereien als dreidimensionales Ur-Kino. Alfonso Cuaróns „Gravity“ machte den Weltraum erstmals zum plastischen Gebilde, in Martin Scorseses „Hugo Cabret“ schöpfte ein großartiger Regisseur die Kunstform voll aus. Jean-Luc Godards vorletzter Film „Adieu au langage“ vereinte per 3-D-Technik Widersprüche: Die 3-D-Brille legt ja zwei (fast) identische Bilder übereinander; Godard jedoch legte unterschiedliche Bilder übereinander – gleichzeitig. Selbst noch ein Film wie „Jackass 3-D“, ansonsten zum Kotzen, setzte seine Ekligkeiten maximal eklig in Szene.

Bailey Bass als Tsireya

Bailey Bass als Tsireya
Quelle: Courtesy of 20th Century Studios

Zwischen „Avatar“ und „Pina“ lagen 15 Kinomonate, und man hatte schon in diesem guten ersten Jahr begonnen, an dem Heilsbringer zu zweifeln. Tim Burtons „Alice im Wunderland“, Teil drei der „Chroniken von Narnia“, „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“: Alle warben auf Plakaten mit dem 3-D-Versprechen – und waren doch eine Mogelpackung, nachträglich am Computer in 3-D konvertierte Filme, die ein bisschen billig aussahen. 3-D handelte sich allmählich einen schlechten Ruf ein.

Cameron sah sich das ein, zwei Jahre lang an und begann dann zu warnen. In einem Interview zog er vom Leder: „Die meisten Studios drehen erst in 2-D und glauben, den 3-D-Effekt später bei der Bearbeitung irgendwie einbringen zu können. Das ist aber kein technischer Vorgang, den man an Computer-Nerds delegieren kann. Es ist ein schöpferischer, der einen Regisseur erfordert. Für viele Studiobosse ist 3-D vor allem eine Chance, mit wenig Aufwand noch mehr Geld aus Altbekanntem herauszupressen. Sie verstehen es einfach nicht.“

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Sie verstanden es einfach nicht. Das Publikum jedoch verstand desto besser, dass es mehrere Euro Aufschlag zahlen sollte und keinen echten Gegenwert erhielt. Das ließ sich leicht belegen: Wenn ein Kino sowohl die 3-D- als auch die 2-D-Version eines Films anbot, welche bevorzugten die Zuschauer? „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ erzielte vor 13 Jahren 81 Prozent seines Umsatzes in Deutschland mit der dreidimensionalen Fassung, „Rogue One: A Star Wars Story“ vor sechs Jahren nur noch 38 Prozent. Schon zwei Jahre nach „Avatar“ hatte das Publikum bei „Pirates of the Caribbean: Fremde Gezeiten“ erstmals bei einem Blockbuster mehrheitlich die 2-D-Fassung gewählt.

Eine Liste von 2019 (dem letzten Normaljahr vor der Pandemie) zeigt, dass die Studios die Kunstform 3-D schon damals weitgehend beerdigt hatten: Von 35 „dreidimensionalen“ Filmen waren noch drei „echt“, 32 bloß konvertiert. Dem 3-D-Fernsehen – erinnert sich jemand an diesen Hype von vor zehn Jahren? – war nur eine kurze Blüte beschert, bevor die Gerätehersteller diese Besonderheit fallen ließen und sich auf höhere Auflösungen verlegten. Auch auf sämtlichen Streaming-Diensten ist von 3-D keine Rede. „Wir haben es vermasselt“, sagte Dreamworks-Chef Jeffrey Katzenberg mit später Einsicht am Ende des 3-D-Jahrzehnts.

Szene aus dem neuen „Avatar“

Szene aus dem neuen “Avatar”
Quelle: Courtesy of 20th Century Studios

Nun soll nicht übersehen werden, dass sich viele Leute ungern eine Brille auf die Nase setzen, wenn sie nicht müssen, und es einigen schwummerig dabei wird. Im Grunde widerspricht die Brille auch der Theorie von dem Kino als Höhlenerlebnis, wo man sich in einen tagtraumgleichen Zustand versetzen lässt; alles, was auf die notwendige Technik aufmerksam macht, ist dem Erlebnis abträglich. James Cameron hat einmal „brillenfreies 3-D“ für den neuen „Avatar“ angekündigt, aber das dürfte noch ein paar Jahre entfernt sein.

Die grundlegende Geschichte, die Cameron für Teil eins zu Papier brachte, hätte in ihrer antikapitalistischen Moral von Michael Moore und Greenpeace verfasst worden sein können. Ein Großkonzern möchte Rohstoffe auf dem von Na’vi-Ureinwohnern besiedelten Planeten Pandora ausbeuten und bedient sich in seiner Profitgier jedes erdenklichen Mittels; als gutes Zureden und Geld nicht helfen, greift er zu Gewalt. Eine Wissenschaftlerin – gespielt von Sigourney Weaver – zahlt für ihre Naivität mit dem Leben.

Das hielt James Cameron nicht davon ab, Weaver in der Fortsetzung nun wieder auftreten zu lassen. Die 73-Jährige spielt eine Na’vi-Teenagerin (!) namens Kiri, was dank der Motion-Capture-Technik – die menschliche Körper mit einer neuen Oberfläche überzieht – problemlos möglich ist. Auch Stephen Langs Bösewicht Quaritch – im ersten Teil ebenfalls verblichen – darf zurückkehren. Sein Geist wurde in einen Avatar hochgeladen, einen der künstlich gezeugten Na’vi-Mensch-Hybride. Quaritch arbeitet weiter für den ausbeuterischen Konzern, der diesmal seine Krallen nach einem zweiten Na’vi-Stamm auf dem Meeresgrund ausstreckt. Die Unterwasserwelt dürfte die Hauptattraktion des zweiten Teils sein, der am Mittwoch in London uraufgeführt wurde und alle Premierengäste dazu verdonnert hat, bis kommenden Dienstag nichts über den Inhalt zu verraten.

Sam Worthington reitet

Sam Worthington reitet
Quelle: Courtesy of 20th Century Studios

Im Jahr 2010 wurde „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ mit Einnahmen von 2,789 Milliarden Dollar zum erfolgreichsten Kinofilm aller Zeiten. Die Zahlen hinter dem Komma waren wichtig, weil neun Jahre später „Avengers: Endgame“ 2,797 Milliarden einnahm und „Avatar“ vom Thron stieß.

Das ließ Cameron nicht ruhen, er brachte seinen alten Film dieses Jahr quasi als Vorspeise des neuen wieder ins Kino und steht nun mit 2,810 Milliarden erneut an der Spitze. Es ist eine Marke, die „Avatar – The Way of Water“ in der Nach-Pandemie-Zuschauerflaute kaum erreichen dürfte, und vielleicht ist der Stoff, der einst den 3-D-Hype auslöste, nun auch sein Schwanengesang. Das wird das Kino von dem Versuch nicht abhalten, sein Publikum mit neuen technischen Raffinessen zurückzugewinnen. Virtuelle Realität und Higher Frame Rate stehen in den Startlöchern.

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