Tuesday, November 12, 2024

Inflationsrate: Teuerung sinkt auf 10 Prozent – Studien sehen historischen Reallohnverlust – WELT

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Der Anstieg der Verbraucherpreise in Deutschland hat sich im November etwas verlangsamt. Die Inflationsrate war mit 10 Prozent aber weiter zweistellig. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Dienstag eine erste Schätzung. „Die Inflationsrate verweilt trotz leichter Entspannung bei den Energiepreisen mit 10 Prozent weiterhin auf einem hohen Stand“, sagte der Präsident der Wiesbadener Behörde, Georg Thiel. „Wir beobachten zunehmend auch Preisanstiege bei vielen anderen Waren neben der Energie.“

Im Oktober hatte die Teuerungsrate mit 10,4 Prozent den höchsten Stand seit etwa 70 Jahren erreicht. Teuerungsraten auf dem derzeitigen Niveau gab es im wiedervereinigten Deutschland noch nie. In den alten Bundesländern wurden Raten um die 10 Prozent und darüber Anfang der 50er Jahre gemessen. Allerdings hat sich die Berechnungsmethode im Laufe der Zeit geändert.

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Volkswirte sehen in der Abschwächung im November noch keinen Grund zur Entwarnung. Viele Ökonomen rechnen erst im Frühjahr mit einem deutlicheren Rückgang der Teuerung. Hohe Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern und zehren Einkommenszuwächse auf. Die Menschen können sich für einen Euro weniger leisten.

Der reale Lohnverlust wird damit in diesem Jahr ein historisches Level erreichen. Die Tariflöhne stiegen 2022 gegenüber dem Vorjahr zwar um durchschnittlich 2,7 Prozent, wie Daten des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hervorgeht. Angesichts einer für das Gesamtjahr zu erwartenden Inflationsrate von 7,8 Prozent ergibt sich hieraus laut WSI jedoch ein durchschnittlicher Rückgang der Reallöhne von 4,7 Prozent. Dies sei ein „in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland bislang einzigartiger Reallohnverlust“, sagte der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten.

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Angeschoben wird die Inflation seit Monaten von den Energie- und Lebensmittelpreisen. Energie kostete im November 38,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der Preisanstieg schwächte sich nach einem Zuwachs von 43 Prozent im Oktober damit etwas ab. Für Nahrungsmittel mussten Verbraucher 21,1 Prozent mehr zahlen als im November 2021. Gegenüber dem Vormonat sanken die Verbraucherpreise im November insgesamt um 0,5 Prozent.

Ifo-Institut: Unternehmen nutzen Situation aus

Viele Unternehmen nutzen einer Studie zufolge die hohe Inflation zur Steigerung ihrer Gewinne aus. Höhere Preise für Energie und Vorleistungen allein erklärten nicht das Ausmaß der Inflation in Deutschland, heißt es in einer aktuellen Untersuchung des Ifo-Instituts. „Vielmehr scheinen Unternehmen in einigen Wirtschaftszweigen die Preissteigerungen dazu genutzt zu haben, ihre Gewinne auszuweiten“, sagte der stellvertretende Leiter der Ifo-Niederlassung Dresden, Joachim Ragnitz. „Das gilt vor allem für den Handel, die Landwirtschaft und den Bau.“

Dies legten Daten der amtlichen Statistik zur Wirtschaftsleistung nahe. Daraus haben die Ifo-Experten Unterschiede zwischen nominaler und preisbereinigter Wertschöpfung ermittelt. Dadurch ließen sich Rückschlüsse auf Preisanhebungen ziehen, die nicht durch höhere Vorleistungskosten verursacht wurden. „Nach Corona hatten private Haushalte hohe Ersparnisse angesammelt“, sagte Ragnitz. „Diese wurden im Jahr 2022 aufgelöst und haben die Konsumnachfrage befeuert.“ Auch die milliardenschweren Entlastungen durch die Regierung dürften dazu beigetragen haben, die Nachfrage zu stützen und damit Spielräume für Preisanhebungen zu erweitern.

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Insbesondere in der Land- und Forstwirtschaft einschließlich Fischerei sowie im Baugewerbe und in den Branchen Handel, Gastgewerbe und Verkehr haben demnach viele Unternehmen ihre Preise deutlich stärker erhöht als es aufgrund der gestiegenen Kosten für Vorleistungen allein zu erwarten gewesen wäre. „Einige Unternehmen scheinen den Kostenschub als Vorwand dafür zu nehmen, durch eine Erhöhung ihrer Absatzpreise auch ihre Gewinnsituation zu verbessern“, sagte Ragnitz.

Landwirtschaftsbetriebe hätten zunächst wohl ihre Vorräte an Dünge- und Futtermitteln aufgebraucht, in ihrer Kalkulation aber die zu erwartenden Preissteigerungen bei Nachbestellungen bereits eingerechnet. Auf dem Bau dürften Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage zu den besonders starken Preiserhöhungen beigetragen haben. Das gelte vor allem für einige Ballungszentren.

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