In Weidenthal fliegen wieder die Weihnachtsbäume. Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause steigt Anfang Januar in dem pfälzischen 1700-Einwohner-Dorf im Kreis Bad Dürkheim die (inoffizielle) Weltmeisterschaft im Weihnachtsbaumwerfen. Zum 15. Mal werden sich Männer und Frauen beim sogenannten Knutfest in den Disziplinen Hoch-, Schleuder- und Weitwurf messen.
Beim Knutfest muss eine etwa anderthalb Meter große Fichte über eine Hochsprunglatte bugsiert, wie ein Leichtathletikhammer geschleudert und schließlich wie ein Speer geworfen werden. Die erzielten Ergebnisse werden addiert, und der Teilnehmer mit dem höchsten Gesamtwert gewinnt. Bei den Männern liegt die Bestmarke aktuell bei 25,01 Metern, bei den Frauen sind es 20,20 Meter.
Wurfmaterial bringen Athleten und Besucher zum Turnier mit – was auch eine gute Gelegenheit ist, den eigenen Tannenbaum nach der Weihnachtszeit zu entsorgen. Wobei es noch reichlich weitere Möglichkeiten der Zweitnutzung gibt: Zoos etwa freuen sich über die Bäume als Tierfutter, Handwerker fertigen aus dem Holz Kleiderhaken, Rankhilfen oder Schmuckständer.
Aber auch zur Produktion von Strom und Fernwärme werden ausrangierte Tannen und Co. von Kommunen genutzt. Das Potenzial ist groß: Zwischen 23 und 25 Millionen Christbäume stehen laut einer Schätzung der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) jedes Jahr in den deutschen Haushalten, dazu kommen weitere fünf Millionen für Dekozwecke, etwa auf Weihnachtsmärkten oder in Unternehmen und Geschäften.
Besonders beliebt ist die Nordmanntanne. Der Marktanteil dieser sattgrünen Bäume mit den weichen Nadeln liege bei 75 Prozent, meldet die SDW. Dahinter folgt mit weitem Abstand die Blaufichte. Angebaut werden die Weihnachtsbäume überwiegend in Deutschland. Nur zehn Prozent kommen aus dem Ausland – insbesondere aus Dänemark.
Die meisten heimischen Produzenten sitzen in Nordrhein-Westfalen und hier vor allem im Sauerland – dem größten Anbaugebiet in Europa. Ebenfalls bedeutend sind Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bayern und Baden-Württemberg, in den ostdeutschen Bundesländern dagegen gibt es nur vereinzelte Plantagen. Rund zehn Jahre müssen die Bäume wachsen, ehe sie geschlagen werden.
Die Erntemengen in diesem Jahr sind gut, unter anderem weil es kaum Schäden durch Wind, Frost oder Hagel gab. Daher blieben auch die Preise stabil, sagt Eberhard Hennecke, Vorsitzender des Bundesverbands der Weihnachtsbaumerzeuger in Deutschland.
Wie schon im Vorjahr würden zwischen 21 und 28 Euro pro laufendem Meter Tanne fällig, sagt Hennecke. Am meisten müsse in den großen Städten bezahlt werden, weil für die Erzeuger dort Standgebühren und Transportkosten dazukommen.
Die Preise sind allerdings nicht der Hauptgrund, dass Verbraucher zunehmend kleinere Bäume wählen, wie die Erzeuger berichten. „Das ist der Tatsache geschuldet, dass es immer weniger Wohnraum und mehr Singlehaushalte gibt als noch vor ein paar Jahren“, erklärt Saskia Blümel, Geschäftsführerin des Verbands natürlicher Weihnachtsbaum.
Bei 1,50 bis 1,75 Metern liege mittlerweile die durchschnittliche Baumgröße. Zudem stehen die Bäume auch zeitiger in den Haushalten als in früheren Jahren – jedenfalls längst nicht mehr erst ab Heiligabend.